"Mit Behutsamkeit – Hans Wintgens Filmbeobachtungen der DDR" heißt das schmale Bändchen, das letzten Dezember im Verbrecher Verlag erschienen ist.
Hans Wintgens Filme erkunden existentielle Lebensphasen. Zusammen betrachtet erzählen sie die fiktive Biographie eines in der DDR der 1970er und 1980er Jahre lebenden Menschen: das Kindergartenalter in "Wenn die Eltern Geld verdienen" (DDR 1982), die Jugend in "Frank" (D 1990), das Erwachsen-Sein in "Geschieden" (DDR 1986) oder den Tod in "Gespräche in einer strahlentherapeutischen Klinik" (DDR 1985). Die Behutsamkeit, mit der sich Hans Wintgen diesen Themen nähert, ist eine programmatische ästhetische Haltung. Ihr Charakteristikum ist Reduktion. Sie lenkt die Zuschauerin, den Zuschauer auf Sprache und Zum-Sprechen-Bringen als den inneren Kern seiner dokumentarischen Filmarbeit. (Verlagsinfo)
Hans Wintgen kam als studierter Psychologe Ender der 1970er Jahre zum Regiestudium nach Babelsberg, wo er sich beharrlich jeglichen Zensurversuchen widersetzte. Später beschreibt der die Einflussnahme auf seine Filme "als Versuche 'im Guten erst', dann als 'kleine Erpressungsversuche', schließlich als 'blanken Hass'". (aus Leseprobe) Gegen den Willen der Hochschulleitung erhielt er 1982 dennoch sein Diplom. Später arbeitete er im DEFA-Dokumentarfilmstudio. Die Chancen, hier Filme zu drehen, wurden mit den Jahren immer seltener – was einem de facto Berufsverbot gleichkam. Erst nach dem Mauerfall dreht er wieder.
Hans Wintgens Filme blieben weitgehend unbekannt. Sie verschwanden in den Archiven und blieben, wie ihr Regisseur selbst, unsichtbar. Darüber erzählt Anne Barnert und sie "beschreibt mit großer Sensibilität Inhalt und Form der Filme, macht neugierig darauf" (Hans Helmut Prinzler, mehr).
Am 18. Mai 2019 wird Hans Wintgen 70 Jahre alt.
Am 19. Juni 2019 ist Anne Barnert Gast im Filmmuseum. In der Reihe "Film lesen" wird sie ihr Buch vorstellen und vier von Hans Wintgens Filmen auf der großen Leinwand zu zeigen. Eine wirklich seltene Gelegenheit.