Workshop | Sergej Eisenstein und das Spiel der Gegenstände | 22. bis 24. November 2018 | Potsdam

Das Brandenburgische Zentrum für Medienwissenschaften (ZeM) und die DFG Kolleg-Forschergruppe “Cinepoetics – Poetologien audiovisueller Bilder” organisieren einen Workshop Anlässlich des 120. Geburtstags und 70. Todestages von Sergej Eisenstein.

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Thematischer Ausgangspunkt des Workshops wird Eisensteins Text "Über das Spiel der Gegenstände" (1925) sein: Eisenstein skizziert darin sein Vorhaben, die Aufgabe der Emotionalisierung des Publikums vom Schauspieler auf "unbelebte Gegenstände" zu übertragen, um zu einem "Spiel der Gegenstände" und damit zu einem "rein filmischen Verfahren" zu gelangen, wie es "dem über ein Spiel mit Gegenständen nicht hinausgehenden Theater nicht zugänglich ist". Es sei gleichbedeutend mit dem Schritt von einem "Enthusiasmus für Gegenstände" um ihrer selbst willen hin zur filmischen Modellierung des Gegenständlichen als „Attraktionsmaterial" zum Zweck der Affekterzeugung. Im Anschluss an Eisensteins Überlegungen will sich der Workshop mit der Funktion unbelebter Gegenstände in seinen Filmen befassen und ihren Stellenwert in Eisensteins Denken im Abgleich mit anderen theoretischen Modellen der 1920er und 1930er Jahre (Balázs, Dulac, Eisenstein, Epstein, Moholy-Nagy, Vertov u.a.) näher bestimmen.

Anlass für den Workshop ist das Projekt "Eisensteins Haus", in dem ebenfalls die Gegenstände Eisensteins eine zentrale Rolle spielen: Nach dem Tod Eisensteins rettete seine Witwe Pera Atasheva seinen Nachlass aus der Wohnung vor dem Zugriff Stalins. Über Umwege brachte sie den größten Teil von Eisensteins Besitz in ein winziges 3-Zimmer-Apartment im Zentrum Moskaus. Dort versuchte sie, die Einrichtung von Eisensteins letzter Wohnung zu rekonstruieren. Das auf diese Weise entstandene "Eisenstein-Kabinett" beherbergte u.a. Eisensteins Bibliothek, seine Manuskripte und Niederschriften zu Filmen, Erinnerungsstücke von Dreharbeiten, seine Spielfiguren-Sammlung sowie zahlreiche Autographen.

Naum Kleiman hat über Jahrzehnte hinweg aus der Wohnung ein Zentrum des Austausches und der Forschung über Eisenstein gemacht. Im Zuge der politisch bedingten Demontage des Moskauer Filmmuseums, zu dem das Eisenstein-Kabinett offiziell gehört, wird die Wohnung derzeit aufgelöst. Von Seiten der neuen Museumsleitung ist eine Überführung in ein noch unfertiges Moskauer Museumsgebäude geplant. Die Zukunft der Bestände ist unklar. 

Eine Gruppe von WissenschaftlerInnen, FilmemacherInnen und IT-SpezialistInen hat im Januar 2018 unter Leitung von Naum Kleiman und Tatiana Brandrup damit begonnen, den drohenden Verlust dieses lebendigen Ortes der Eisenstein-Forschung und künstlerischen Reflexion durch die Entwicklung einer international ausgerichteten Online-Plattform zu kompensieren. Wie im Eisenstein-Kabinett soll eine Rekonstruktion seiner Wohnung erfolgen. Die Plattform soll ein Instrument der Forschung sein – u.a. ein Mittel zur Visualisierung der Verbindung künstlerischer und theoretischer Denkmuster Eisensteins. Über eine virtuelle Biblio- und Mediathek, einen Blog und ein Online-Journal sollen Zugänge zum aktuellen Stand der Forschung ermöglicht werden. Vor allem aber sollen die BesucherInnen am Beispiel einzelner Gegenstände aus seinem Nachlass anschaulich mit der Welt Sergei Eisensteins bekannt gemacht werden. Der Schwerpunkt der Projektpräsentation wird auf einem ersten Erzählstrang der Plattform liegen, der vom ersten Internationalen Kongress des Unabhängigen Films, 1929 im schweizerischen La Sarraz erzählen wird.

Für Rückfragen zum Workshop steht Ihnen Frau Kiss gern zur Verfügung: a.kiss(at)filmuniversitaet.de

Zum Organisationsteam des Workshops gehören 

Anna Luise Kiss (Filmuniversität Babelsberg / ZeM),
Naum Kleiman (Eisenstein Foundation, Moskau),
Thomas Schick (Filmuniversität Babelsberg / ZeM) und
Michael Wedel (Filmuniversität Babelsberg / ZeM / Cinepoetics).