Deutsch-israelische DFG-Projekt zu Filmbildern aus der NS-Zeit gestartet

Die Pandemie hat den Austausch in der Forschung aufwendiger gemacht, aber dieses neue Projekt, das von Anfang an auf die Zusammenarbeit über Distanz angelegt war, könnte von der Geläufigkeit der einschlägigen Prozesse und Tools sogar profitieren. Trotzdem ist es für jeden Projektbeginn eine Herausforderung, wenn das Teambuilding digital ausfällt – wann die Beteiligten aus Babelsberg oder Jerusalem zusammentreffen können, ist noch nicht absehbar. Deshalb schildern hier zum Einstieg und um sich persönlich vorzustellen alle Mitarbeiter*innen ihre Erwartungen an das Projekt.

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Dr. Yael Ben-Moshe

Als Politik- und Medienwissenschaftlerin habe ich in meiner Doktorarbeit und Postdoktorandenforschung interdisziplinäre Themen entwickelt, die Filmtheorie mit Geschichtswissenschaften, kulturwissenschaftliche Theorien (mit Schwerpunkt Israel und German Studies) und Traumatheorien mit kritischen Medientheorien verbinden.

Im Kontext neuer Medientechnologien sehe ich die Notwendigkeit, die Vielschichtigkeit des „kulturellen Gedächtnisses“ zu berücksichtigen, um die Verwendung und den Missbrauch von historischem Archivmaterial zu erkennen. In diesem Sinne möchte ich die Bedeutung und Relevanz der Holocaust-Bildungsarbeit fördern und gleichzeitig die Vergangenheit fester mit der sich verändernden Welt der Medien und der Kommunikation verbinden.

Devorah Huber

Ich studiere Jüdische Geschichte und Archäologie an der Hebrew University of Jerusalem und unterstütze das Filmikonen-Team als studentische Hilfskraft auf allen Ebenen. Ich werde mich besonders mit Hintergrundforschungen zu Archivfilmen und medien-archäologischen Investigationen beschäftigen.

Aya Jubeh

Ich befinde mich derzeit in meinem MA-Studium in Germanistik an der Hebrew University of Jerusalem und trage als studentische Hilfskraft zu dem Projekt bei. Vorher habe ich einen BA in Anglistik sowie ein Zertifikat in Pädagogik abgeschlossen. Ich interessiere mich für die Geschichte des Holocaust und ihre Auswirkungen auf deutsche Identitätsbildung und möchte die Arbeit in unserem Projekt dafür nutzen, mich inhaltlich und methodisch auf meine zukünftige Promotion vorzubereiten.

Dr. Evelyn Kreutzer

Nach einem langjährigen Aufenthalt in den USA freue ich mich besonders darüber, dass mich meine Rückkehr in die deutsche bzw. europäische Wissenschaft in ein Team geführt hat, das international und multilingual ganz eng zusammenarbeiten arbeiten und innovative digitale Methoden der historischen Filmforschung nutzen wird. Neben meinem Hintergrund in Fernsehgeschichte, Medienhistoriographie und „Sound Studies“ beschäftige ich mich seit Jahren insbesondere mit Video-Essays, sowohl als Forschungs- als auch als Publikationsmethode, und freue mich darauf, video-essayistische Methoden in unserem Projekt mit meinen neuen Kolleg*innen weiterzuentwickeln.

Efrat Komisar

Ich promoviere in Geschichtswissenschaften an der Hebrew University of Jerusalem und habe mich viele Jahre lang mit Archivfilmen beschäftigt. Mein Fokus liegt vor allem auf visuellen (fotografischen und filmischen) Dokumenten aus dem Warschauer Ghetto (vom Zeitpunkt seiner Errichtung bis zum Juli 1942). Daher ist es für mich ausgesprochen wichtig und interessant, Teil dieses Projekts zu sein.

Daniel Körling

Schaltet man den Fernseher an oder geht man in ein Kino: Die Bilderwelten des Nationalsozialismus sind disponibel, sie haben unsere audiovisuelle Öffentlichkeit schlechtweg durchdrungen. Es ist daher an der Zeit, eine kritische Einordnung dieser Entwicklung zu erbringen. Denn Bilder haben Folgen. Das medienarchäologische Forschungsprojekt zum ikonischen Filmmaterial aus der Zeit des Nationalsozialismus spricht mich somit auf mehreren Ebenen an: Zum einen weckt es mein Interesse als Historiker, sich intensiv mit den audiovisuellen Hinterlassenschaften dieses Kapitels der Geschichte auseinanderzusetzen; zum anderen bezieht sich das Vorhaben auf die gesellschaftliche Wirkmacht des Films und seiner Funktion, das Vergangene einordnend zu vermitteln. Als wissenschaftliche Hilfskraft verspreche ich mir einen möglichst umfangreichen Anteil zum Erkenntnisgewinn beisteuern sowie Synergieeffekte für meine Promotion hinsichtlich der Entwicklung des historischen deutschen Films nutzen zu können.

Fabian Schmidt

Eines der Ziele der ersten, dreijährigen Projektphase ist die Fertigstellung meiner Dissertation über das Westerborkmaterial, in der ich mich mit der Frage auseinandersetze, wie diese Filmaufnahmen die kollektiven Geschichtsbilder des Holocausts geprägt haben. Daher verbinden sich für mich mit den „Filmikonen“ auch ganz persönliche Ziele und Hoffnungen. Im Moment steht der möglichst effektive Einsatz der von der DFG bereit gestellten Mittel für den Projektstart im Vordergrund. Dazu gehört auch, unser Team trotz der Einschränkungen durch die Pandemie so gut wie möglich zu vernetzen und vorzubereiten, damit unsere Arbeit auch bald Früchte trägt. Ein besonderer Aspekt dieser Unternehmung ist der transnationale Ansatz, d.h. unsere Zusammenarbeit mit den HistorikerInnen und MedienwissenschaftlerInnen aus Israel, die ich teilweise schon von anderen Projekten kenne und schätze. Gerade in Bezug auf die Holocausterinnerung, die für unsere Untersuchung eine zentrale Rolle spielt, gibt es einiges über Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu lernen und herauszufinden. Das Projekt Filmikonen bietet für mich ein breites Betätigungsfeld, das von der Entwicklung einer speziell für unser Projekt konzipierten Archivierung-Software über Archivrecherchen im Ausland bis hin zur Gestaltung von Audiovisuellen Essays reicht. Ich bin daher optimistisch, dass die kommenden drei Jahre abwechslungsreich und produktiv sein werden.

Dr. Noga Stiassny

Wissenschaft ist eine meiner größten Leidenschaften und so schätze ich mich glücklich, Teil des DFG-Projekts “Bilder, die Folgen haben – Eine Archäologie ikonischen Filmmaterials aus der NS-Zeit” zu sein. Ich bin promovierte Kunsthistorikerin mit Fokus auf zeitgenössischer israelischer Kunst und Holocaust-Erinnerung. In meiner Arbeit untersuche ich das Verhältnis von Bildern und Gesellschaft: Wie werden unsere individuellen und kollektiven visuellen Erinnerungen und Vorstellungen geprägt und wie prägen sie uns? Wie wird die Vergangenheit dargestellt und wie verändern sich diese Darstellungen im Laufe der Zeit? Welche Rolle spielen Ästhetik und Kunst in Gesellschaften mit konkurrierenden Erinnerungen? Mich reizt es besonders, gemeinsam mit Wissenschaftler*innen aus Israel und Deutschland an einem grundlegenden Verständnis der visuellen Geschichte des Nationalsozialismus zu arbeiten und dabei digitale Technologien zu nutzen. Ich bin mir sicher, dass dieses transdisziplinäre und transkulturelle Forschungsprojekt sowohl Wissenschaft und Kunst als auch das Holocaustgedenken kommender Generationen beeinflussen wird.

Alexander Zöller

Als Quereinsteiger bin ich über das Studium der Archiv- und Informationswissenschaft zu den Medienwissenschaften gelangt. Meine bisherigen Forschungsschwerpunkte lagen auf dem Gebiet der Filmarchivierung in Deutschland. Mit dem im Mai gestarteten DFG-Projekt „Filmikonen“ möchte ich an meine Recherchen zur „Archivseite“ weiter anknüpfen. Auch über die Fertigstellung meiner Dissertation über das ehemalige Reichsfilmarchiv (1934-1945) hinaus wird mein Augenmerk den Gedächtnisinstitutionen gelten: Wo und in welcher Form sind die zu untersuchenden Filmbilder überliefert? Inwieweit haben Filmarchive Einfluss darauf genommen, ob und wie diese historischen Aufnahmen zugänglich gemacht werden? Wie haben Archive dazu beigetragen, die Verwendungsgeschichte der zu untersuchenden Filme mitzuprägen? Das Projekt bietet die Chance, die nicht zu unterschätzende Rolle der Filmarchive bei der Ausformung einer audiovisuellen Erinnerungskultur eingehender zu beleuchten. Mit dem Filmarchiv des Bundesarchivs in Berlin konnten wir uns bereits einen wichtigen Partner für diese Herausforderung sichern. Ich freue mich darauf, die entsprechenden Recherchen für das Projekt im In- und Ausland mit durchzuführen und diese zwischen den Teams in Potsdam und Jerusalem zu koordinieren.

 

Mehr Informationen zum Projekt finden sich hier sowie auf der Projektwebseite.