Interview zur Weltpremiere! DIE GRUBE bei der Berlinale 2019!

Der Filmuni-Film DIE GRUBE feiert heute am 13. Februar 2019 seine Weltpremiere auf der 69. Berlinale! Wir haben vorab mit der Regisseurin Hristiana Raykova und der Producerin Genia Krassnig über den Film gesprochen.

Filmstill vom Filmuni-Film DIE GRUBE, Kamera von Johannes Greisle (öffnet Vergrößerung des Bildes)
DIE GRUBE Filmstill: © Johannes Greisle

Filmuni: Hristiana, Euer Film läuft momentan auf der 69. Berlinale in der Perspektive Deutsches Kino. Gratulation! Wie hat Dich die Nachricht von der Festivalteilnahme erreicht und wie war Deine Reaktion?

Hristiana: Telefonisch. Linda Söffker hat mich angerufen und mir die freudige Nachricht mitgeteilt. In diesem Augenblick steckte ich mitten im Umzug und war gerade dabei zu versuchen, ein langes Sofa in einen kurzen Caddy reinzukriegen…dann kam der Anruf. Ich war sehr zurückhaltend, denn ich war sehr überrascht. Und nachdem ich aufgelegt habe, dachte ich mir…ohoh...das kam bestimmt falsch rüber.

Filmuni: Der Film portraitiert eine Therme am Goldstrand in Bulgarien und damit auch die Gäste. Wie bist Du auf diesen ungewöhnlichen Ort gestoßen und was war der Anlass, einen Film darüber zu machen?

Hristiana: Nur eine kleine Korrektur - es ist nicht der Goldstrand, sondern der Stadtstrand in Varna…etwa 12km entfern vom Goldstrand. Wobei alle bulgarischen Strände sind Gold haha.

Ich kannte das Becken schon immer, aber bin nie wirklich dort gewesen, nur mal vorbeigelaufen. Erst bei einem Spaziergang vor ca. 3 Jahren habe ich die Grube für mich entdeckt. Ich sah dieses schlichte Betonbecken, voll mit dampfendem Wasser und dahinter bloß das Meer. Das sah fantastisch aus. Und dann auch die Menschen, die mitten im Winter im Wasser saßen und entspannten, fast verdeckt vom Dampf. Das sieht man nicht jeden Tag, es hat mich neugierig gemacht und mein erster Gedanke war natürlich - was für eine tolle Kulisse für einen Dokumentarfilm. Aber auch die schönste Kulisse hätte uns nichts genutzt, wenn nicht diese tollen Menschen an der Grube wären - die Stammbesucher.

Filmuni: Wie bist Du mit den Menschen vor Ort in Kontakt gekommen? Musstest Du sie erst überzeugen, Teil des Films zu werden? 

Hristiana: An der Grube kommen und gehen tagtäglich ein paar Dutzende Menschen. Nicht alle sind von der Idee begeistert, gefilmt zu werden. Wenn ich alleine dort bin und mich mit verschiedenen Leuten unterhalte, ist es eine Sache, ich bin für sie dann harmlos. Aber wenn die Kamera auch dabei ist und ich versuche mit den gleichen Menschen zu reden, ist das etwas ganz anderes. Viele haben der Kamera bzw. uns als Filmteam lange nicht vertraut, denn sie waren sich unseren Absichten nicht sicher. Was wollen wir für ein Bild von der Grube und den Besuchern zeichnen? Ich wollte deshalb so früh wie möglich mit der Kamera dort präsent sein, damit sie sich an uns gewöhnen können. Damit wir als Team ihr Vertrauen gewinnen können. Und das war die schwierigste Aufgabe - sich an die Besucher heranzutasten. Zum Glück haben wir Dimtscho und Genadi kennengelernt, die später Protagonisten des Films geworden sind. Die beiden genossen das Ansehen der Grube-Community und vertrauten uns. Das ermöglichte uns den Zugang - über bestimmte Personen. Als es klar war, dass die Grube vom Schließen bedroht ist, sind wir bei den Menschen geblieben, wir haben konsequent ihren Kampf um die Erhaltung des Beckens begleitet. Das hat die Vertrauensbeziehung, die wir angefangen haben aufzubauen, verstärkt. 

Schwierig war aber die Hitze im Sommer, die Kälte im Winter, da es nirgends funktionierende Heizungen gab, die Kommunikationsschwierigkeiten und Tage, an denen wir gespürt haben, dass wir an den Drehorten nicht erwünscht sind. Nicht jeder war von unserer Anwesenheit begeistert und es gab auch ein paar gefährliche Situationen. (Genia)

Erst bei einem Spaziergang vor ca. 3 Jahren habe ich die Grube für mich entdeckt. Ich sah dieses schlichte Betonbecken, voll mit dampfendem Wasser und dahinter bloß das Meer. Das sah fantastisch aus. Und dann auch die Menschen, die mitten im Winter im Wasser saßen und entspannten, fast verdeckt vom Dampf. Das sieht man nicht jeden Tag, es hat mich neugierig gemacht und mein erster Gedanke war natürlich - was für eine tolle Kulisse für einen Dokumentarfilm. (Hristiana)

Genia Krassnig und Hristiana Raykova
Produktion und Regie

Filmuni: Genia, Du warst als Producerin und Production Managerin tätig. Was waren konkret deine Aufgaben und wie hast Du sie umgesetzt?

Genia: Hristiana, Johannes (unser Kameramann) und ich haben ab Januar 2016 losgelegt, das heißt nur wenige Monate nachdem wir uns an der Filmuni kennengelernt hatten. Neben inhaltlicher Mitwirkung zählten zu meinen Aufgaben die Dreh-Organisation und -Betreuung, Zusammenstellung und Koordination des restlichen Teams und vor allem die Finanzierung, die schließlich mit dem Medienboard und rbb möglich wurde. Jetzt nach Fertigstellung und nach der Berlinale geht die Arbeit weiter: Wir wollen auf internationalen Festivals laufen und suchen nach einem Verleih und Vertrieb.

Filmuni: Welche Besonderheiten oder Schwierigkeiten waren mit dem Dreh in Bulgarien verbunden? Eine Therme ist ja durchaus ein besonderer Drehort...

Genia: Insgesamt waren wir seit Anfang 2016 mehr als acht Mal in Bulgarien – teils mit ganzem Team als großen Drehblock, teils nur zu zweit oder zu dritt für wichtige Drehtage (z.B. Demo gegen Abriss, die spontan geschah), das heißt, wir durften Varna und Umgebung zu jeder Jahreszeit kennenlernen und konnten durch den Dreh einen uns fremden Ort erforschen. Mit dem Meer, dem meist guten Wetter und dem guten Essen, war es immer ein besonderes Erlebnis. An den drehfreien Tagen fühlte es sich an wie Urlaub. 

Schwierig war aber die Hitze im Sommer, die Kälte im Winter, da es nirgends funktionierende Heizungen gab, die Kommunikationsschwierigkeiten und Tage, an denen wir gespürt haben, dass wir an den Drehorten nicht erwünscht sind. Nicht jeder war von unserer Anwesenheit begeistert und es gab auch ein paar gefährliche Situationen. Und das siedend-heiße Wasser und der Wasserdampf in der „Grube“ waren natürlich nicht ideal für unsere Technik. Mehr als einmal gab die Kamera ihren Geist auf…

Filmuni: Könnt Ihr eine besondere Anekdote vom Dreh erzählen? 

Hristiana: Wir haben Alexander - den pensionierten Musiker - während der Recherche an der Grube kennengelernt. Er hat uns direkt zu seinem Geburtstag eingeladen. Als wir da waren, hat sich herausgestellt, dass wir - ich und Kameramann Johannes Greisle - die einzigen Gäste sind. Und dann fing er an uns diverse selbstgemachte Liköre anzubieten - hier Kakaolikör, Feigenchnapps, Pfirsichschnapps, Johannisbeerschnapps und was weiß ich alles noch. Wir wollten nicht unhöflich sein und haben einfach mitgetrunken. Prost, prost, prost! Schon um 18 Uhr waren wir so dicht. Unsere Regieassistentin Lisa musste uns mit dem Auto abholen. Direkt ins Bett. Mein erster Satz am nächsten Morgen: „Hannes, haben wir das Stativ und die Kamera mitgenommen oder dort vergessen?“.

Genia: Jeder Ausflug mit unserem Mietwagen war spannend – wird das Auto es schaffen? Werden wir steckenbleiben? Kaum fährt man von den Hauptstraßen ab, gibt es sozusagen keine Straßen mehr, sondern nur mehr Steine und Erde, inklusive Schlaglöcher, die einen halben Meter tief sind. Viel zu oft landeten wir fast im Gebüsch als wir einem entgegenkommenden Auto ausweichen mussten.

Filmuni: Sagt uns doch bitte noch einmal, wann wir den Film auf der Berlinale sehen können. Wie steht es mit der Aufregung? 

Hristiana: Aufregung 10 auf der 10er Skala. „Die Grube“ feiert die Premiere heute Abend, 13.02., um 19:00 Uhr. Morgen, 14.02., gibt es zwei weitere Vorstellungen - um 12:00 Uhr und um 20:00 Uhr. Um 20:00 Uhr erwarten wir ein paar unserer Protagonisten.

Genia: Die Berlinale mit einem eigenen Film zu erleben ist so überwältigend und wir sind seit letztem Donnerstag jede Sekunde eingespannt, sodass ich ehrlich gesagt noch gar keine Zeit hatte um die Aufregung zuzulassen! Das kommt dann sicher in den Stunden vor der Premiere heut Abend mit voller Wucht…Ich freu mich aber vor allem auf das Podiumsgespräch nach der Wiederholung – drei unserer Protagonisten kommen dafür nach Berlin und sind glaube ich schon richtig aufgeregt die Berlinale zu erleben!

Filmuni: Viel Erfolg heute Abend und danke Euch für das Interview! 

Interview: Bernd Schöneberg