Alumni-News

"Es war eine erfüllte Zeit für mich"

Unser Alumnus und langjähriger Kollege Wolfgang Reinhold ist tot.

 (öffnet Vergrößerung des Bildes)
Wolfgang Reinhold 2011 am Tag der Offenen Tür im Atrium der Filmuni

10.03.2021- Die traurige Nachricht erreichte uns gestern. Bereits am 09. Februar 2021 ist Wolfgang Reinhold 84-jährig an Corona gestorben. Auf der langen Liste aller, deren Kraft nicht ausreichte, um sich am Leben festzuhalten, steht jetzt auch sein Name.

Seiner Familie und allen, die ihn mochten und denen er jetzt sehr fehlen wird, sprechen wir unser Beileid aus.

Wolfgang kam 1961 zum Kamerastudium an die Filmhochschule nach Babelsberg. Da hatte er schon eine ordentliche Strecke auf dem Weg zu seinem Traumberuf hinter sich gebracht.
Als Arbeiterkind kam er aus einfachen Verhältnissen und wuchs im Prenzlauer Berg auf. Die Fotografie faszinierte ihn früh. O-Ton: "In meiner jüngeren Schulzeit habe ich versucht nach einem alten Buch von alten Negativen Fotos zu machen, auf altem Tageslichtpapier. Hat natürlich nicht geklappt. Dann habe ich versucht ein Kohlemikrofon zu basteln, hat natürlich auch nicht geklappt. Erst während der Oberschulzeit habe ich mit einem alten Fotoapparat und Rollfilmen angefangen zu fotografieren." Oft ging er ins Kino. Weshalb sich auf der Leinwand alles bewegte, blieb zunächst ein Mysterium, und als er das Rätsel gelöst hatte, stand sein Berufswunsch fest: Kameramann.

Es folgten eine Lehre als Fotograf und nach dem Abschluss die Bewerbung als Kameraassistent beim Deutschen Fernsehfunk (DFF) -  "mehr eine Verzweiflungstat" und ohne Hoffnung auf Erfolg, erzählt er später. Doch er wurde angenommen und im Jahr darauf klappte es ebenso reibungslos mit dem Kamerastudium. Wolfgang war einer der wenigen freien Bewerber, die ohne Volontariat an die Filmhochschule kamen. Das war 1961 noch möglich.

Als Diplomkameramann beendete er 1965 sein Studium und arbeitete anschließend als Kameramann, Bildregisseur, in der Postproduktion (elektronischer Schnitt) und Farbkorrektur (Film) bei Film und Fernsehen .

1968 kam er als Lehrer zurück an die Filmhochschule und wurde bald zum Dozenten berufen. Seitens der Verantwortlichen wurden ihm Aufbau und Leitung des Lehrgebietes "Theorie der technischen Gestaltungsmittel" übertragen.

Ging es am Anfang nur um den Film, gab es bald auch elektronische Kameras an der  Filmhochschule. Mit seiner festen Überzeugung, dass das die Zukunft sein wird, galt Wolfgang damals als Exot. "Wenn auch die meisten meiner Kollegen nur die Filmarbeit als Kunst betrachteten. Die Elektronik ist dem Film schon lange überlegen. Ich hatte Recht.", erzählt er später.

Die studiengangsübergreifenden Komplexübungen, für die Babelsberg bekannt werden sollte, hat Wolfgang federführend konzipiert und etabliert. Die mehrwöchige sogenannte 'Studioübung' auch.

Während seiner gesamten Hochschulzeit kümmerte er sich persönlich und sehr erfolgreich um die ausländischen Studentinnen und Studenten, später als Mitglied der Ausländerkommission auch in verantwortlicher Position. Bis in die späten 1990er Jahre pflegte er enge Freundschaften, die hier ihren Anfang nahmen.

"Ich bin zwar kein berühmter Kameramann geworden, aber ich habe in einem Jahr um ein vieles mehr in allen Bereichen in Film und Fernsehen produziert als viele berühmte Filmkameraleute der DEFA in ihrem ganzen Berufsleben.", resümiert der Ruheständler später. "Ich war eigentlich immer auf dem Stand der neuesten Technik - soweit das damals in der DDR möglich war."

Dass heute der Kameramann, die Kamerafrau oft nicht einmal im Abspann genannt werden, und die Kameraleute nicht mehr dieselbe Wertschätzung erfahren wie noch zu seiner Zeit – "sicher auch durch die Bedienbarkeit der Technik bedingt, aber auch durch die andere Struktur der Produktion der zappelnden Bilder" – ließ ihn gelegentlich wehmütig werden.

Auf seine Zeit an der Filmhochschule, die inzwischen eine Filmuniversität ist, blickte Wolfgang zufrieden zurück. "Es war eine erfüllte Zeit für mich! Vor allem der Umgang mit jungen Menschen!"

Lieber Wolfgang, auch wenn wir Dir mehr Zeit auf Erden gegönnt hätten, es ist wie es ist. Sicher hast Du Dich als Realist längst mit Deiner neuen Situation arrangiert, und nachtragend warst Du nie. Mach's gut.

Die Beerdigung findet Ende März im engsten Familienkreis statt.

Sein langjähriger Kollege Hans Hattop hielt die Grabrede.