Deutscher Filmmusikpreis 2018 – Filmmusik-Studentin Dascha Dauenhauer im Interview

Filmuni-Studentin Dascha Dauenhauer ist gleich 3 Mal für den Deutschen Filmmusikpreis 2018 nominiert. In der Kategorie „Bester Song im Film“ für „Yella Hayat“ aus JIBRIL (R: Henrika Kull), in der Kategorie „Beste Musik im Kurzfilm“ für LOVE ME, FEAR ME (R: Veronica Solomon) und in der Kategorie „Nachwuchs“. Wir haben mit ihr über ihre Arbeit und das Studium gesprochen.

Filmstill vom Filmuni-Film JIBRIL, Kamera von Carolina Steinbrecher (öffnet Vergrößerung des Bildes)
Filmstill JIBRIL

Filmuni: Dascha, Du bist gleich 3 Mal für den Deutschen Filmmusikpreis 2018 nominiert. Unsere Glückwünsche! Wie fühlt sich das an? 

Dascha: Ich habe davon zuerst gar nichts mitbekommen. Ich habe eigentlich schon geschlafen und im Halbschlaf einige Nachrichten mit „Wow, herzlichen Glückwunsch!“ erhalten und dachte im ersten Moment, es sei bestimmt nur Spam. Nach einigen Minuten habe ich dann realisiert, was los ist und war sowohl geschockt als auch euphorisiert. Ich hätte gar nicht mit einer Nominierung gerechnet und schon gar nicht mit 3!

Filmuni: Kannst Du uns einen kleinen Einblick in deine Arbeit als Studentin / Komponistin der Filmmusik geben? Wie sieht dein Alltag in der Uni aus? Wo wird komponiert? Zu Hause oder im Seminar? Wie lässt Du Dich inspirieren?

Dascha: Ich komponiere bei mir zu Hause. Dort habe ich im Wohnkeller mein Musikstudio eingerichtet, in dem ich in Ruhe arbeiten kann.

„Inspiration“ ist so eine Sache. Mein Vater hat früher immer gesagt: „Einen echten Profi unterscheidet von einem Dilettanten, dass er JEDERZEIT Ergebnisse erzielen kann.“ Mittlerweile denke ich selbst aber anders darüber. Natürlich kann man immer komponieren, aber man will ja auch DAS BESONDERE komponieren, das sich in der Musik widerspiegelt und den Film, ohne abzulenken, auf eine individuelle Art begleitet. Insofern gibt es schon Tage, an denen ich auf die Muse warten muss. Zum Glück gibt es viele technische Dinge, für die man die inspirationslose Zeit nutzen kann.

Ich bin jetzt fast fertig mit dem Studium an der Filmuni; es steht nur noch eine Filmgeschichts- und die Masterarbeit aus. Ich bin unheimlich dankbar für diese Zeit, die mich viel weiter gebracht hat; die mich inspiriert hat, vor allem musikalisch „um die Ecke“ zu denken; und dass ich viele tolle Filmemacher kennenlernen konnte.

Filmuni: Du hast für den Filmuni-Film JIBRIL komponiert, der ja u.a. auch auf der Berlinale 2018 lief. Wie bist Du an den Film herangegangen? Und wie sah die Zusammenarbeit mit der Regisseurin aus? 

Dascha: Die Zusammenarbeit mit Henrika Kull war sehr schön. Wir haben uns am Anfang getroffen und besprochen, was der Film braucht und was er nicht braucht. Henrika mochte die Idee des „Unperfekten“ und ich machte mir Gedanken, wie ich das in einer Musiksprache ausdrücken könnte. Außer der zurückhaltenden und atmosphärischen Musik gibt es ja dort noch den Song, den Susana AbdulMajid eingesungen hat - das ist die wunderbare Protagonistin des Films. Für den Song war es nicht so einfach, die richtige Sprache, Stimme und Performance zu finden. Die Musik war sehr schnell da und dann ging die Suche los: Wir hatten mit 3 verschiedenen Rapperinnen (englisch, deutsch) und 2 Sängerinnen gearbeitet, Testaufnahmen gemacht, Texte geschrieben, aber all das war nicht das Richtige. Kurz vor dem Dreh hatten wir dann endlich Susana vor dem Mikro und haben gemerkt, wie toll der arabische Gesang zum Film passt und wie sehr der Song als „das kleine Herz“ des Films fungiert. JIBRIL ist definitiv ein Herzensprojekt; es ist künstlerisch wertvoll; spannend und innovativ erzählt. Ich liebe diesen Film sehr.

Natürlich kann man immer komponieren, aber man will ja auch DAS BESONDERE komponieren, das sich in der Musik widerspiegelt und den Film, ohne abzulenken, auf eine individuelle Art begleitet. Insofern gibt es schon Tage, an denen ich auf die Muse warten muss.

Dascha Dauenhauer
MA Filmmusik

Filmuni: Der Film LOVE ME, FEAR ME ist ja ein Animationsfilm. Wie sah hier die Arbeit aus – gibt es da für Dich als Komponistin Unterschiede zum Spielfilm? 

Dascha: LOVE ME, FEAR ME ist das Abschlussprojekt von Veronica Solomon, an dem sie schon seit Jahren gearbeitet hat. Ich kam erst in der Schlussphase dazu, allerdings noch ohne Sounddesign. Das erste was mir Vera sagte war: „Ich möchte nicht die typische (Orchester-) Filmmusik haben. Ich will etwas Experimentelles.“ Ich hatte große Lust darauf, denn die Freiheit sich als Künstlerin auszuprobieren schien mir hier sehr groß. Wir haben unheimlich viel über die Charaktere gesprochen und ich fing an Layouts anzufertigen. Dadurch, dass es noch kein Sounddesign gab, habe ich intuitiv viel auf der Soundebene gearbeitet und z.B. Flüche-beschwörende Männerstimmen mitaufgenommen usw. Die Arbeit hat sehr viel Spaß gemacht und ich würde am liebsten immer so experimentell und frei an ein Projekt herangehen. Zudem ist Veronika eine der begabtesten Animationskünstlerinnen, die ich kenne und ein sehr netter Mensch.

Filmuni: Die Verleihung des Deutschen Filmmusikpreises findet am 26. Oktober statt. Wie verhält es sich mit der Aufregung? 

Dascha: Gerade bin ich noch nicht wirklich aufgeregt und habe momentan sowieso zu wenig Zeit um darüber nachzudenken, da ich gerade intensiv mit der Musik eines neuen Kinofilms beschäftigt bin. Aber ich freue mich auf die Preisverleihung und fühle mich sehr geehrt. 

Filmuni: An welchen Projekten arbeitest Du momentan und was steht in Zukunft bei Dir an? 

Dascha: Ich arbeite momentan an einem Kinofilm, einer Neuverfilmung von „Berlin Alexanderplatz“ (basierend auf Alfred Döblins Romanvorlage). Mit dem Regisseur, Burhan Qurbani, habe ich zuvor an der Filmuni einen Schauspielabschlussfilm gemacht; kurze Zeit später hatte er mir das Drehbuch von Alexanderplatz zugeschickt und gefragt, ob ich nicht mit ihm zusammenarbeiten würde. Das hat sich schon wie ein Preis angefühlt.

In Zukunft plane ich noch meinen Abschluss an der Filmuni und arbeite jetzt tatsächlich hauptberuflich als Filmkomponistin.

Filmuni: Danke Dir für das Interview. 

Der Deutsche Filmmusikpreis 2018 wird am 26.10.2018 in Halle (Saale) vergeben. Weitere Informationen unter: http://deutscherfilmmusikpreis.de 

Interview: Bernd Schöneberg