„Du musst CALIGARI (wieder) werden!“

Neue Blicke auf einen bekannten Klassiker

Datum / Dauer:
08.02.2018
Zeit:
13:00 – 17:00
Ort:
Brandenburgisches Zentrum für Medienwissenschaften – ZeM
Hermann-Elflein-Strasse 18
14467 Potsdam

Er gilt als Meilenstein des expressionistischen Films und als Schlüsselwerk des Kinos der jungen Weimarer Republik. Seit Jahrzehnten taucht er regelmäßig in „Top 10“- und „Best Of“-Listen in aller Welt auf. Sein Platz im Kanon der deutschen (Spiel)filmgeschichte ist unumstritten. Jedoch unterlag DAS CABINET DES DR. CALIGARI bis vor kurzer Zeit einer verzerrten Wahrnehmung, die gravierende Auswirkungen auf das Verständnis und Interpretation des Films hatte: Infolge des legendären Status, den der Film verliehen bekam, ist die wahre Geschichte seiner Entstehung über die Jahre in einem immer dichteren Spinnennetz von Mythen verloren gegangen. Außerdem war der Film – trotz einiger beachtenswerter Restaurierungsanläufe in den 1980er und 1990er Jahren – lange Zeit nur in Kopien und Versionen zu sehen, die bestenfalls ein blasser Abglanz seiner ursprünglichen Pracht waren. Erst 2014 konnte eine Fassung bewerkstelligt werden, die dank verbesserter Materiallage, aktueller Kenntnisse aus interdisziplinären Forschungsprojekten und modernster digitaler Technik der Gestalt und Brillanz des Originalfilms möglichst nahe kommt.

Am Donnerstag, den 8. Februar 2018 stellen im Brandenburgischen Zentrum für Medienwissenschaften – ZeM die Filmrestauratorin Anke Wilkening und der Filmhistoriker Dr. Olaf Brill ihre in Herangehensweise und Ziel unterschiedlichen, jedoch komplementären Arbeiten aus den letzten Jahren vor, die wesentlich dazu beigetragen haben, den Film DAS CABINET DES DR. CALIGARI und seine Geschichte in neuem Licht sehen zu können.

Im Anschluss an die Vorträge wird um 19 Uhr im Filmmuseum Potsdam die 2014 digital restaurierte Fassung von DAS CABINET DES DR. CALIGARI mit Livemusikbegleitung gezeigt.

Die Veranstaltung findet als Kooperation der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF (Masterstudiengang Filmkulturerbe) mit der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin statt und wurde vom ZeM gefördert.

Der Eintritt ist frei.

Organisation:
Oliver Hanley (Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF)

Moderation:
Oliver Hanley (Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF)
Prof. Dr. Ulrich Ruedel (Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin)

Personen:
Olaf Brill ist seit zwei Jahrzehnten in der historischen Filmforschung aktiv. Sein 2012 erschienenes Buch Der Caligari-Komplex, welches auf seine Promotion an der Universität Bremen zurückgeht und diese erweitert, ist eine Detektivarbeit über die Entstehungsgeschichte des Stummfilms DAS CABINET DES DR. CALIGARI. Brill ist Redakteur zahlreicher Bücher des Deutschen Filminstituts (Frankfurt am Main/Wiesbaden) und des Hamburgischen Centrums für Filmforschung CineGraph sowie Mitarbeiter in Filmmuseen, bei Festivals und an Online-Projekten (z.B. filmportal.de). Zudem moderiert er einmal im Monat die Web-TV-Sendung Serienkiller (Produktion: Alsterfilm, Hamburg). Zuletzt erschienen seine Bücher Expressionism in the Cinema (2016, Hg. mit Gary D. Rhodes) und der Katalog zum Hamburger Cinefest Zwischen Revolution und Restauration (2017, Red. mit Jörg Schöning). Außerdem schreibt Brill Heftromane (Perry Rhodan) und Comics (Ein seltsamer Tag).

Anke Wilkening arbeitete nach Studien der Theater- und Filmwissenschaft in Bochum und Berlin zunächst als freie Mitarbeiterin im Filmmuseum Potsdam, dann seit 2002 bei der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung in Wiesbaden, in der sie für die Restaurierungen verantwortlich ist. Zu den zahlreichen prominenten Projekten, die unter ihrer Leitung durchgeführt wurden, zählen Klassiker wie METROPOLIS (D, 1925-27, Regie: Fritz Lang; Restaurierung 2010), DAS CABINET DES DR. CALIGARI (Restaurierung 2014) und MÜNCHHAUSEN (D, 1943, Regie: Josef von Baky; Restaurierung 2017). Wilkening veröffentlicht regelmäßig Aufsätze zur deutschen Filmgeschichte und zur Filmrestaurierung. Gemeinsam mit Guido Altendorf zeichnete sie für die abendfüllenden Dokumentationen SPIONE – EIN KLEINER FILM, ABER MIT VIEL AKTION (2006) und DAS ERBE DER NIBELUNGEN (2010) verantwortlich. Derzeit promoviert sie neben ihrer beruflichen Tätigkeit an der Universiteit Utrecht über Film als historische Quelle am Beispiel der Post-Produktion der 1920er Jahre.

Prof. Dr. Ulrich Ruedel arbeitete nach seiner Promotion in analytischer Chemie an der Universität Münster in der optischen und biochemischen Sensorik und dem Patentrecht, bevor er sich 2004 sowohl der praktischen als auch naturwissenschaftlichen Seite der Filmrestaurierung zuwandte. 2005 schloss er eine Ausbildung an der L. Jeffrey Selznick School of Film Preservation in Rochester ab. Im Rahmen seiner Tätigkeiten am George Eastman House (2006-2008), im spezialisierten Kopierwerk Haghefilm Conservation in Amsterdam (2008-2011) und anschließend als Conservation Technology Manager am British Film Institute (2012-2015) forschte er unter anderem zur Technik des Farbfilms und dessen sachgerechter Restaurierung. 2015 erhielt Ruedel den Ruf an die Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin, und hat dort eine Professur in Konservierung und Restaurierung moderner Medien (Film, Ton, Foto, Video) inne. Er ist Mitglied der Technical Commission der internationalen Vereinigung der Filmarchive (FIAF).