Alumni-News

44. Duisburger Filmwoche

Preise an unsere Alumni Sabine Herpich und Jan Sodat

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"Kunst kommt aus dem Schnabel wie er gewachsen ist", Szenenfoto, Bild: Büchner Filmproduktion

10.11.2020 - Vorgestern ging in Duisburg die 44. Filmwoche zu Ende.

Den mit 6.000 Euro dotierten 3sat-Dokumentarfilmpreis erhielt unsere Alumna Sabine Herpich (Montage 2012) für ihren Dokumentarfilm "Kunst kommt aus dem Schnabel wie er gewachsen ist" (D 2020) mit dem ausgezeichnet. Die filmische Beobachtung behinderter Künstlerinnen und Künstler in der Berliner Kunstwerkstatt Mosaik realisierte die Filmemacherin nahezu allein. Sie führte nicht nur Regie, sondern stand auch hinter der Kamera, nahm den Ton auf und war Produzentin.

"Unvoreingenommen, außergewöhnlich langmütig und einfühlsam porträtiert 'Kunst kommt aus dem Schnabel wie er gewachsen ist' nicht nur eine vorbildliche soziale und künstlerische Einrichtung. Wie beiläufig wirft der Film auch die ganz großen Fragen auf – nach dem Wesen der Kunst, den Bedingungen ihrer Produktion und ihrer gesellschaftlichen Relevanz. So ernst, reflektiert, genau und schön sind Filme selten. Das hat uns sehr berührt." (aus der Jurybegründung) mehr

Gruß der Preisträgerin (Video)

Eine Lobende Erwähnung sprach die ARTE-Dokumentarfilmpreis-Jury Sabine Herpich aus, weil sie es "auf wundersame Weise schafft,  Kunst als existentielle Beschäftigung mit der Innen- und Außenwelt einzufangen. Die Ruhe, Geduld und Zugewandtheit in der Beobachtung entsprechen dabei der behutsamen Herangehensweise der porträtierten Künstler*innen und ihrer Begleiter*innen in der Kunstwerkstatt Mosaik in Berlin. Sabine Herpichs Empathie und respektvolle Distanz erschaffen einen viel zu seltenen dokumentarischen Einblick in die kreative Welt von Menschen mit Behinderung und heben implizit den Dualismus von Insider- und Outsider-Kunst auf. 'Kunst kommt aus dem Schnabel wie er gewachsen ist' ist ein großartiger Film, der uns beeindruckt und bewegt hat." (Jurybegründung)

Der Kinostart ist für das nächste Frühjahr geplant.

Den mit 5.000 Euro dotierten Preis der Stadt Duisburg für kurzen und mittellangen Dokumentarfilm darf unser Alumnus Jan Soldat (Regie 2014) für "Wohnhaft Erdgeschoss" (D, AT 2020) mit nach Hause nehmen.

"'Darf ich?', fragt der nackte Mann, der in einer Kammer an einem schmalen Bett steht und seinen Penis in der Hand hält – und beginnt auf das Bett zu pissen. Im Internet ist sein Nickname der 'Bettpinkler'. Danach sitzt Protagonist Heiko nackt vor seinem chaotischen Computertisch – sein zugemülltes Wohnzimmer ist so vielschichtig wie seine Lebensgeschichte, die wir im Laufe des Filmes erfahren werden.
Wir stehen mit dem Regisseur inmitten von Heikos haptischer Lebenswirklichkeit, dem Schmutz und Gestank, und es ist die Neugier des Filmemachers, die uns aus Heikos Höhle im Erdgeschoss in dessen Heimatort führt. Durch die Selbstverständlichkeit, mit der Soldat seinen Protagonisten Heiko auf seiner Reise porträtiert, erzeugt der Regisseur einen intimen, beinahe zärtlichen Blick, der Heikos Neigung von etwas Abstoßendem in etwas Tröstliches verwandelt.
Soldat schafft eine ihm eigene, nüchterne Ästhetik, die sich mit Hilfe der statischen Kamera, dem DV-Format und dem 4:3-Bildverhältnis organisch mit Heikos schmerzhaften Erinnerungen, seiner Nacktheit und seinem Urin vermengt.
Zudem greift der Regisseur mit der Porträtierung eines Menschen, der als Kind geschlagen wurde und nach Zusammenbruch der DDR durch das soziale Netz fiel, ein gesellschaftspolitisch relevantes Thema auf. Jan Soldat vermeidet, die Lebensgeschichte von Heiko zu pathologisieren oder zu stigmatisieren. Wir haben hier keine Freakshow, sondern eine respektvolle Darstellung eines Menschen." (Jurybegründung)

Gruß des Preisträgers (Video)

Alle Preisträgerinnen und Preisträger hier