In Kooperation mit der Deutschen Zeitschrift für europäisches Denken MERKUR stellt die Alfred Toepfer Stiftung F.V.S. das Seminarzentrum Gut Siggen zur Verfügung, um „Eine Woche Zeit“ (so der Name des Formats) für fokussiertes Arbeiten und offenen Gedankenaustausch zu ermöglichen. Dieses Jahr geht es um Multidirektionales Erinnern an Holocaust und Kolonialismus im Comic.
Grundannahme ist, dass der imaginäre Graben zwischen Holocaust-Gedenken und dekolonialem Bewusstsein, das sich kritisch mit der Kolonialgeschichte auseinandersetzt, in Deutschland tiefer ist als je zuvor. Dem Historiker Michael Rothberg zufolge konkurriert das öffentliche Gedenken an den Holocaust mit dem an die Verbrechen des Kolonialismus. Einen Ausweg bietet, so Rothberg, eine „Ethik multidirektionalen Erinnerns“, also des Erinnerns in mehrere Richtungen zugleich. Politisch lässt sie sich wünschen, nicht jedoch schaffen.
Tatsächlich existiert sie jedoch schon, nämlich im Comic. So argumentiert beispielsweise die israelische Comicautorin Rutu Modan, indem sie auf die „humane Strichführung“ des Comics verweist, die ihrer Ansicht nach sogar die Darstellung des „undarstellbaren Grauens” ermöglicht . Ohne Art Spiegelmans Comic „Maus“ hätten heute unzählige junge Menschen keine – überhaupt keine – Anschauung des Holocaust. Zugleich tendiert der Comic zu postmoderner Vielstimmigkeit, Komik und Sympathie für Alterität.
Zum einen machen Erinnerungscomics Rothbergs Theorie anschaulich, zum anderen lassen sie sich auch als kritische Reflexion des theoretischen Diskurses lesen, als mitunter schonungslose Darstellung seiner Dilemmata, Wunschphantasien und blinden Flecken.
Wir nehmen uns eine Woche Zeit, um in einer internationalen Gruppe mit Vorträger:innen und Diskutant:innen aus Afrika, Asien, Europa und Nordamerika theoriegeleitet Erinnerungscomics der Gegenwart zu interpretieren, aber auch umgekehrt aus der Perspektive der Kunst den aktuellen theoretischen Diskurs zu reflektieren.
Veranstaltungsort: Seminarzentrum Gut Siggen
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