Am Wochenende öffnet in Riga die 1. Internationale Biennale für zeitgenössische Kunst "RIBOCA". Unter den 99 teilnehmenden Künstler*innen und Kunstkollektiven ist auch unsere Alumna Henrike Naumann. Bis zum 28. Oktober 2018 zeigt sie hier ihre neue Installation "EUROTIQUE" - eine Auseinandersetzung mit dem Phänomen 'Eiroremonts‘. Die lettische Übersetzung des russischen Neuworts 'Euroremonts' = Euro-Reparatur - beschreibt die Instandsetzung von Innenräumen in Häusern aus dem frühen 19. Jahrhundert oder späteren nach europäischen Standards. Gemeint ist ein Stil, wie er für renovierte Wohnhäuser oder Büros in den frühen 1990er Jahren typisch war, wenn sie für einen höheren Preis vermietet oder verkauft werden sollten.
Mit EUROTIQUE greift Henrike Naumann Elemente auf, wie sie bei Eiroremonts zum Einsatz kamen: Deckenelemente mit intergrierten Leuchten, Laminat-Böden, Gipskartonwänden und mehr. Die Schau bewegt sich zwischen Museum, Einrichtungshaus und Privatraum. Sie beginnt mit dem Renovierungsboom infolge der Privatisierungen nach 1990. Mit dem Beitritt Lettlands zur EU 2004 wird Eirorements für junge Lettinnen und Letten zum Synonym für ihre Sehnsucht nach dem Westen, dem sich ihre Eltern anpassen müssen, und für eine besondere Art und Weise des Umgangs mit Vergangenheit und Erinnerungen mittels neuer Wände und Möbel. Doch mit der Krise 2008 bekam das westliche Ideal Risse und bröckelte. Ein Wendepunkt - oder warum machen Interieurs aus dieser Zeit junge Menschen von heute so melancholisch? Repräsentiert Eirorements vielleicht eine Zukunft, die so niemals Wirklichkeit wurde?
Henrike Naumann wurde 1984 im sächsischen Zwickau geboren. Nach ihrem Bühnen- und Szenenbildstudium in Dresden und Berlin entstanden erste eigene Regiearbeiten und Installationen. Die konzeptionelle und ästhetische Auseinandersetzung mit gesellschaftspolitischen Themen und ein experimentelles Medienverständnis prägen ihre Arbeit. Henrike lebt und arbeitet in Berlin.