Drei Fragen an ...

Prof. Dr. Susanne Eichner

Seit 2022 ist Susanne Eichner Professorin für Analyse und Ästhetik audiovisueller Medien in den Studiengängen Medienwissenschaft und Digitale Medienkultur an der Filmuni. In ihrer Forschung beschäftigt sie sich u.a. mit den Herausforderungen eines zunehmend globalisierten Fernsehmarktes. Mehr dazu lesen Sie hier …

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Susanne Eichner hat Kultur- und Medienwissenschaften in Großbritannien und Deutschland studiert und zum Thema "Agency and Media Reception" promoviert. Bevor sie an die Filmuni kam, lehrte sie u.a. am Fachbereich Medien- und Journalismuswissenschaften der Universität Aarhus (DK), war dort Co-Direktorin des Forschungsprogramms Cultural Transformations und Co-Direktorin des Forschungszentrums für Transnationale Medienforschung (CTMR). Seit 2016 ist sie vice-chair der TV-Studies Section der europäischen Association ECREA sowie chair der Section „Mediated Communication, Public Opinion and Socitey“ der IAMCR. In ihrer Forschung verfolgt Susanne Eichner einen medienübergreifenden und transnationalen Ansatz mit den Schwerpunkten Rezeptionsästhetik und Publikumsforschung, Mediensoziologie, Produktionsökologie, populäre (Serien-)Kultur und Repräsentation in transnationalen Kontexten. 
 

  • Liebe Susanne, der Fokus deiner Forschungsaktivitäten liegt derzeit auf dem Fernsehen. Was fasziniert dich an dem Medium so?

Fernsehen (und Streaming) sind die großen Geschichtenerzähler*innen unserer Zeit. In ihnen verhandeln wir unser eigenes Leben, loten Möglichkeitsräume aus und nehmen an gesellschaftlichen Diskursen teil. Und das durch verschiedenste Genres und Formate. Das gilt im Prinzip erst mal genauso für eine Serie wie KLEO als auch für eine Unterhaltungsshow wir Let‘s Dance. Natürlich gefallen mir manche Produkte besser als andere und sicherlich lassen sich auch Qualität und Anspruch diskutieren. Aber mich fasziniert eben auch – oder insbesondere – warum bestimmte Formate in einer bestimmten Zeit beim Publikum erfolgreich werden. Das hängt aber nicht nur vom Text selbst, sondern auch von den Umständen der Herstellung und Distribution, den aktuellen Themen in der Gesellschaft oder den politischen Bedingungen ab.
 

Eine der großen Herausforderung des Marktes ist ja nach wie vor, dass sich durch die Digitalisierung etablierte Strukturen verändern. Beispielsweise, dass mehr Content-Anbieter um die Aufmerksamkeit des Publikums konkurrieren und dadurch Content durch hohe Produktionsbudgets oder auch Tabubrüche herausstechen soll. Diese Spirale Richtung „High-end Serien“ scheint aber inzwischen einen Höhepunkt erreicht zu haben und wir sehen, dass weniger teure Serienproduktionen in Planung sind als noch vor zwei Jahren. Trotzdem zieht dies noch Auswirkungen nach sich. Zum Beispiel, dass Filmproduktionsfirmen nun nicht mehr nur für Kino produzieren (das ja bekanntlich mit stark rückläufigen Besucher*innenzahlen zu kämpfen hat), sondern ihr Repertoire in Richtung Serienproduktion erweitern können oder müssen. Auf inhaltlicher und gesellschaftsrelevanter Ebene steht auch die Verantwortung des Fernsehens in Bezug auf Repräsentation und Diversity im Zentrum. Auch wenn sich die Medienlandschaft diversifiziert, ist das Fernsehen das Medium mit maximaler Reichweite. Es wird ja nicht nur in seiner Originalversion rezipiert, sondern auch als Snippets oder intertextuelle Vorlage in anderen Medien wie beispielsweise TikTok. Und schließlich werden auch lokale europäische Märkte von globalen Krisen wie Klimawandel, forced migration und Krieg beeinflusst.
 

  • Eingebettet in die European Communication Research and Education Association (ECREA) stehst du in aktivem Austausch mit europäischen TV- Forscher*innen unterschiedlichster Disziplinen. Welchen Themen widmet ihr Euch in 2023?

Die Themen sind tatsächlich vielfältig. In den letzten Jahren haben wir uns mit den wahrnehmbaren oder notwendig eingeforderten Verjüngungstendenzen und Strategien des Fernsehens und seinem Publikum gewidmet. Dazu haben wir 2019 an der University of Groningen (NL) eine Tagung zu „The Youthification of Television and Screen Culture“ organisiert. Ich freue mich aber hier schon mal ankündigen zu können, dass die diesjährige Tagung der TV-Studies Section der ECREA hier an der Filmuniversität stattfinden wird. Das Tagungsthema ist „Redefining Televisuality: Programmes, Practices, Methods“. Mit Televisuality ist im Grunde eine Betrachtung dessen, was Fernsehen ist und darstellt, und wie es funktioniert, gemeint – und zwar unter aktuellen Bedingungen. Es geht also um die Essenz dessen, was Fernsehen heute ausmacht. Bis zum 1. Mai 2023 können übrigens Abstracts eingereicht werden. Und wir planen auch eine enge Verzahnung der Tagung mit der lokalen Fernsehbranche. Mehr Infos zur Tagung HIER.