Das Weimarer Kino war das Goldene Zeitalter des deutschen Films. Nie wieder war der deutsche Film so international wie in den Zwanzigerjahren, nie wieder hatte er eine solche Ausstrahlung. Nach Berlin und Babelsberg kamen Filmkünstlerinnen und Filmkünstler aus aller Welt; einige der beliebtesten Stars stammten aus Rom, Wien und Warschau, aus Kopenhagen, Budapest und Moskau. Die künstlerische Vision und das Können entschieden über Chancen und Karrieren der Filmschaffenden, nicht die Muttersprache oder der Akzent. Im Zeitalter des Stummfilms brauchte die Sprache der Augen, die Mimik und Gestik der Schauspielerinnen und Schauspieler keine Übersetzung. Sie konnten überall verstanden werden.
Einerseits entstanden damals die Klassiker des Weimarer Kinos, in denen es nur so wimmelt von Albtraumgestalten, Doppelgängern und innerlich Zerrissenen, von Vampiren, Tyrannen und Weltverbesserern. Auf der anderen Seite feierte das Kino das Hier und Jetzt: Die Filme tanzten Jazz, liebten die Komödie, verkündeten Aufbruch. Und sie probten moderne Geschlechterrollen und Vorbilder für eine Generation, die nach einem jahrelangen Krieg endlich leben wollte. Übermütig, turbulent, auf der Suche nach Abenteuer und Abwechslung.
Die Kuratoren von Weimar International, Philipp Stiasny und Frederik Lang, laden ein zu einer Reise ohne bestimmtes Ziel, denn die Reise ist Ziel und Zweck genug. Spannung und reichlich Action, Melodram und Humor liegen hier dicht beisammen, von Indien geht es nach Grönland, von Südamerika nach Nordafrika. Populäres Kino trifft auf avantgardistische Experimente im Vorprogramm, Animationsfilm auf kurze Expeditions- und Kulturfilme. Dem weit verbreiteten Nationalismus sagen die Filme adieu und umarmen stattdessen die Welt.
Das Berliner Programm wird um vier weitere Filme ergänzt, die einmal monatlich, ebenfalls live begleitet von international renommierten Musikern und Musikerinnen, im Filmmuseum Potsdam zu sehen sein werden: CARMEN (1918) von Ernst Lubitsch am 17. November, DIE LIEBE DER JEANNE NEY (1927) von G.W. Pabst am 15. Dezember, GROßSTADTSCHMETTERLING (1928) von Richard Eichberg am 19. Januar und HARAKIRI (1919) von Fritz Lang am 9. Februar.
Die Filmreihe Weimar International wird vom Hauptstadtkulturfonds gefördert und von CineGraph Babelsberg e.V. sowie der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung unterstützt.
Ko-Kurator der Reihe Philipp Stiasny ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Filmmuseum Potsdam und Mitarbeiter im Masterstudiengang Filmkulturerbe der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF.