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In Echt?

Virtuelle Begegnung mit NS-Zeitzeug*innen: Die mobile Ausstellung tourt durch Brandenburg. Die Brandenburgische Gesellschaft für Kultur und Geschichte gGmbH und die Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF haben heute ihr Kooperationsprojekt bei einem öffentlichen Launch am Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte (HBPG) präsentiert. Die Ausstellung ist noch bis zum 02.09.2023 auf dem Kutschstallhof vor dem HBPG öffentlich zugänglich.

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Zeitzeuge Leon Weintraub 2021 mit Christian Zipfel, Künstlerischer Projektleiter "In Echt?", im Volucap-Studio © Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF

Das Projekt „In Echt? Virtuelle Begegnung mit NS-Zeitzeug*innen“ analysiert und vermittelt, welche Potenziale und Grenzen die Möglichkeiten der virtuellen Realität nach dem baldigen Ende der NS-Zeitzeugenschaft für die Geschichtsvermittlung und Erinnerungskulturen bieten. Mit dem bundesweit ersten Praxiseinsatz von volumetrischen Aufnahmen von Zeitzeug*innen in einer mobilen Ausstellung, die durch Brandenburg tourt, hat das Projekt eine herausragende Pilotfunktion.

Als Ehrengast der heutigen Auftaktveranstaltung wurde Ruth Winkelmann (geb. 1928) begrüßt – eine der fünf Zeitzeug:innen, die für das Projekt in volumetrisch aufgezeichneten Interviews über ihr Leben und ihre traumatischen Erfahrungen während der NS-Diktatur in Deutschland erzählt haben.

Vertreter*innen der beiden Projektpartner sowie des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg (MWFK) und der projektfördernden Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ) wiesen in ihren Grußworten auf die herausragende thematische Relevanz des Projekts sowie dessen innovative und zukunftsweisende Vermittlungsansätze hin:

Katja Melzer, Geschäftsführerin der Brandenburgischen Gesellschaft für Kultur und Geschichte und Direktorin des Hauses der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte: „Mit ‚In Echt?‘ gehen wir ganz neue Wege in der digitalen Geschichtsvermittlung und zeigen so vor allem auch einer jüngeren Zielgruppe in ländlichen Regionen die Bedeutung von Erinnerungskulturen und ihre eigenen Beteiligungsmöglichkeiten auf. Dabei ist uns ein multiperspektivischer Blick sowohl auf die Innovationskraft neuer Technologien als auch auf deren kritische Punkte wichtig.“

Prof. Dr. Susanne Stürmer, Präsidentin der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF: „‚In Echt?‘ ist eine Fortsetzung der fruchtbaren Zusammenarbeit des Hauses der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte und der Filmuniversität zu Formen digitaler Erinnerungskultur. Die Arbeit wird von einer Reihe von Partnern unterstützt. In dieser Zusammenarbeit erforschen wir mit historischen und filmisch-erzählerischen sowie technologischen Kompetenzen dieses wichtige Feld. Die mobile Zugänglichmachung des umfangreichen Archives volumetrischer Interviews von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen des Holocaust für eine breite Öffentlichkeit und in der Fläche Brandenburgs ist ein bedeutender Schritt in unserer Forschungs- und Transferarbeit.“

Tobias Dünow, Staatssekretär im MWFK: „Unser Erleben, unser Leben findet immer mehr auch im digitalen Raum statt. Das gilt inzwischen ebenso für unsere Erinnerungskultur. Innovative Erzählformen und virtuelle Angebote wie das herausragende Projekt ‚In Echt?‘ der Brandenburgischen Gesellschaft für Kultur und Geschichte in Kooperation mit der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf halten Geschichte und Gedenken lebendig und machen sie unmittelbar begreifbar – heute und in der Zukunft. Dabei geht es um die Möglichkeiten des virtuellen Erzählens über nationalsozialistische Verbrechen wie um die Grenzen dessen, was mit technischen Mitteln vermittelt werden kann und soll. Für unser kulturelles Gedächtnis, für eine aufgeklärte Gesellschaft sind Erinnern und Gedenken elementar. Ich danke allen Beteiligten für dieses so wichtige Projekt und wünsche eine erfolgreiche Ausstellungstour!“

Dr. Andrea Despot, Vorstandsvorsitzende der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ): „Die Generation der Überlebenden geht von uns, immer seltener können Zeitzeug*innen von den Gräueltaten der Nationalsozialisten berichten: Auch deshalb sind wir in der Bildung zum NS-Unrecht auf neue Lernwege und innovative Vermittlungsformen angewiesen. Wir fördern das Projekt ‚In Echt?‘, weil uns der Ansatz überzeugt, Anwendungen digitaler Formate beim historischen Lernen zu untersuchen. Virtuelle Begegnungen mit Zeitzeug*innen sind zwar kein Ersatz für Zeitzeugengespräche, sie können jedoch auf andere Weise die Erinnerung an den Nationalsozialismus wachhalten.“

Das Projekt „In Echt?“ und die Ausstellungstour in Brandenburg

Das im Herbst 2022 gestartete Projekt „In Echt? – Virtuelle Begegnung mit NS-Zeitzeug*innen“ erprobt und untersucht die Möglichkeiten und Herausforderungen, aber auch die Grenzen von volumetrisch aufgezeichneten Interviews mit NS-Zeitzeug*innen im Bereich der schulischen und außerschulischen Geschichtsvermittlung.

In Zusammenarbeit mit Schüler*innen der Voltaireschule Potsdam wurden aus den Interview-Rohdaten, die im digitalen Archiv „Volumetrisches Zeitzeugnis von Holocaustüberlebenden“ der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF bereits vorliegen, Interviewsequenzen ausgewählt und daraus eine Virtual Reality-Anwendung für eine mobile Ausstellung entwickelt. An vier VR-Stationen können nun die Besucher:innen eine virtuelle Begegnung mit fünf NS-Zeitzeug*innen erleben.

Um mehr über Virtual-Reality-Technik und volumetrische Aufnahmen sowie ihren Entstehungsprozess zu erfahren, gehört zu der Ausstellung auch ein analoger Teil, der neben Hintergrundinformationen zum Projekt sowie Kurzbiografien der Zeitzeug:innen auch den Umgang mit dieser digitalen Vermittlungsform vorstellt.

Die Ausstellung wird nach ihrem Auftakt in Potsdam im September/Oktober 2023 durch das Land Brandenburg touren und über die Kooperation mit lokalen Partnerorganisationen in verschiedenen  Orten auf öffentlichen Plätzen jeweils einige Tage kostenfrei zugänglich sein.

Das Projekt „In Echt?“ mit der mobilen Ausstellung möchte in erster Linie junge Menschen im ländlichen Raum ansprechen, die weniger Zugang zu neuen Formen der digitalen Erinnerungskultur haben. An den verschiedenen Tourenorten in Brandenburg erhalten Schulklassen außerdem die Möglichkeit, vormittags an einem pädagogischen Begleitprogramm in Form von Workshops teilzunehmen.

Einen Eindruck von der Ausstellungs-Eröffnung gibt ein aktueller ZDF-Beitrag.

Tourendaten

29. August bis 2. September 2023
Potsdam, Kutschstallhof am Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte, Am Neuen Markt 9, 14467 Potsdam

4. bis 7. September 2023
Wittstock/Dosse, Bibliothek im Kontor

8. bis 12. September 2023
Kyritz, Marktplatz

13. bis 17. September 2023
Pritzwalk, Museumsfabrik

20. bis 24. September 2023
Jüterbog, Kulturquartier Mönchenkloster

25. bis 30. September 2023
Cottbus, Piccolo Theater Cottbus

10. bis 14. Oktober 2023
Finsterwalde, Kunstweberei

Dem Projekt schließt sich eine Evaluationsphase mit drei wissenschaftlichen Workshops und einer Abschlusskonferenz Mitte 2024 an. Dabei wird die weitere Anwendbarkeit von volumetrischen Aufnahmen in der Erinnerungskultur mit unterschiedlichen Zielgruppen analysiert.

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