Drei Fragen an ...

Prof. Hubertus Rath

Der Professor für Tonmischung und Tondramaturgie an der Filmuniversität zum Thema „meisterhafter Sound aus Babelsberg“ ...

Lieber Hubertus, 

unlängst wurden die Nominierungen für die diesjährigen Oscars bekannt gegeben, die in der Nacht zum 13. März (MEZ) verliehen werden. Drei Absolventen aus Babelsberg - Frank Kruse (Ton 2001), Markus Stemler (Ton 2007) und Lars Ginzel (Ton 2006) – sind in der Kategorie „Sound“ nominiert für ihre Arbeit an „Im Westen nichts Neues“ und wurden ganz aktuell dafür mit dem 2023 EE BAFTA Film Award ausgezeichnet. Sie seien stellvertretend genannt für viele preisgekrönte „Meister des Tons“ aus Babelsberg. Was macht den Studiengang an der Filmuni so erfolgreich?

Zunächst einmal möchte ich den Dreien, aber auch allen anderen Nominierten meine herzlichen Glückwünsche aussprechen. Gerade mit Blick auf Gewerke wie z.B. Sound oder Szenografie ist es schon eine außergewöhnliche Sache, dass Personen außerhalb Hollywoods diese Ehrung und Aufmerksamkeit erhalten. Das freut uns natürlich riesig! Und auch wenn die drei nominierten Tonmeister aus Babelsberg nicht erst seit gestern aktiv sind, so hat das Studium bei uns sicherlich für eine gute Basis gesorgt. Was macht die Ausbildung in Babelsberg so erfolgreich? Ich denke, das liegt vor allem auch in der Bandbreite der Möglichkeiten begründet, die die Filmuni bietet und von der unsere Studierenden profitieren können. Dies nicht nur mit Blick auf die tontechnischen Formate und den Schwerpunkt Filmton – der in Deutschland im Rahmen der Tonmeister*innenausbildung einzigartig ist. Die interdisziplinäre Ausbildung mit den Studierenden der anderen filmischen Gewerke und damit einhergehend die gemeinsame Teamarbeit an Studierendenfilmen trägt genauso zum Erfolg des Studiengangs bei, wie zum Beispiel auch die institutionelle Kooperation mit einem großen renommierten Ensemble, dem Deutschen Filmorchester Babelsberg. Dies alles ist der Grundstein, um als Absolvent*in im Beruf Fuß schnell zu fassen und – wenn es auch nicht immer gleich der Oscar wird - so sprechen die zahlreichen Preise unserer Alumni für sich.

Zum Start des Wintersemesters 2022/23 werden wieder angehende „Tonmeister:innen für audiovisuelle Medien“ immatrikuliert und können eintauchen in eine Welt, die von Tonkonzeption über -aufnahme, -design, -mischung für unterschiedlichste Formate bis hin zu AR-Projekten reicht. Was war der Grund für die neuerliche Umbenennung des Studiengangs?

Im Zuge des Bologna-Prozesses wurde aus dem einstigen Studiengang „Diplomtonmeister“ der BA Sound und MA Sound for Picture. Damals dachte man, dass das einer wachsenden Internationalisierung Rechnung tragen würde. Doch bereits 2017 kam im Rahmen unserer externen wie internen Evaluierung die Empfehlung, den Titel "Tonmeister*in" an unserer Universität irgendwie wieder zu beleben. Denn unsere Studierenden verlassen die Hochschule in der Tat als vollwertige Tonmeister*innen und der „German Tonmeister“ ist – wie wir schnell lernen mussten – auch international eher ein Qualitätskriterium, als der doch eher allgemeine Abschluss „Sound“.  Mit der Universität der Künste, der Hochschule für Musik Detmold und uns gibt es drei staatliche Hochschulen in Deutschland mit dem Abschluss „Tonmeister*in“; das ist schon ein Signal, welches wir wieder setzen wollten. Wir haben das lange im Studiengang diskutiert – auch mit den Studierenden, die sich explizit für eine Umbenennung ausgesprochen haben – und freuen uns, dass wir nun wieder junge Talente für den Studiengang „Tonmeister*in für audiovisuelle Medien“ immatrikulieren können.

Schauspiel, Regie oder Produktion sind die Gewerke beim Film, die sich über anhaltendes Interesse des Nachwuchses freuen. Dass insbesondere aber auch Gewerke wie der „Sound“ entscheidend zur Magie des Films“ beitragen und dabei auch noch ausgesprochen vielseitig, ist im allgemeinen Bewusstsein oft weniger präsent. Was macht die Faszination des Berufs aus und welche Fähigkeiten müssen junge Menschen mitbringen, die sich für ein Studium in Babelsberg interessieren?

Es ist schwer in Worte zu fassen, was genau die Faszination ausmacht. Vielleicht können das nur Menschen fühlen, die den Beruf ausüben und sich mit der Materie intensiv beschäftigen. Ich beschreibe es mal so: Wenn man einmal damit angefangen hat, dann geht man nicht mehr „normal“ durchs Leben. Es verändert das Hören. Man ist total auf den Klang fixiert: den Klang der Dinge, der Natur, der Umwelt. Wir hören also bei allem genauer und oft auch anders hin, saugen die Akustik der Umwelt und ihre Besonderheiten auf und überlegen wie man diese reproduzieren, einsetzen oder auch verwerfen kann. Wenn man am Film arbeitet, dann ist die erste Frage, wie könnte das, was ich sehe, klingen. Und will ich, dass es so klingt oder vielleicht ganz anders. Wie kann ich etwas finden, dass ich dem Klang hinzufügen kann, das den Inhalt verstärkt oder den Film in eine bestimmte Richtung verändert? Alles in allem ist es eine wunderbare kreative Arbeit, die einen am Ende oft zufrieden hinterlässt - manchmal wird man jedoch mit einem Ergebnis auch nie zufrieden sein. Für diesen Job braucht es besondere Menschen. Absolute Grundlage ist sicher eine musische Befähigung  – das testen wir ja auch in der Aufnahmeprüfung ab – dazu kommt ein waches Ohr, Neugier, Lust an der Kreativität – vor allem aber auch Offenheit und die Bereitschaft wie Fähigkeit zur Arbeit im Team. Das wird schon deutlich, wenn wir sehen, dass nicht nur eine Person für den Sound-Oscar nominiert ist. Die Arbeit am Filmton ist allein gar nicht zu schaffen und gerade der Austausch innerhalb des eigenen Gewerks aber auch mit der Regie z.B. lässt die besten Ideen und Lösungen entstehen. Man lernt nie aus – auch wenn man wie ich seit über 30 Jahren im Beruf steht. Im Fazit ist Ton gleichzeitig eine harte und weiche Disziplin – geprägt von physikalischen Fakten und Beherrschung der Technik einerseits und was man dann daraus macht ist am Ende tatsächlich Kunst.

 

Weitere Informationen zum Bachelor- Studiengang "Tonmeister*in für audiovisuelle Medien" finden Sie HIER und zum Master HIER.

Prof. Hubertus Rath studierte in Düsseldorf Ton- und Bildtechnik – nach seinem Abschluss wurde er 1991 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Rundfunktechnik im Forschungsbereich Mehrkanalton für HDTV. 1994 wechselte er als Mischtonmeister in die Tonstudios der Bavaria Film GmbH, seit 2014 ist er als freiberuflicher Mischtonmeister tätig und wurde zum Wintersemester 2016/17 als Professor an die Filmuniversität berufen. Er arbeitete an mehr als 140 Kino-  und Fernsehfilmen. Unter anderem mischte er die deutschen Oscar-prämierten Filme „Quiero Ser“ von Florian Gallenberger und „Das Leben der Anderen“ von Florian Henckel von Donnersmarck. Für den letzteren wurde er 2006 beim Deutschen Filmpreis für Beste Tongestaltung nominiert. 2005 erhielt er den Deutschen Filmpreis für Beste Tongestaltung für „Touch the Sound“ von Thomas Riedelsheimer. 2009 wurde er mit dem Preis für die beste Tongestaltung beim 19. Filmkunstfest Mecklenburg-Vorpommern für den Film „Shortcut to Hollywood“ ausgezeichnet. 2016 war er für die Tongestaltung von „Operation Zucker – Jagdgesellschaft“ beim Preis der Deutschen Akademie für Fernsehen nominiert. Hubertus Rath ist Mitglied im Verband deutscher Tonmeister VdT und der Deutschen Filmakademie.