Plattform für Introspektion

Experimentelle Anwendungen digitaler Technologien

Projektbeginn:
2012

Der introspektive Blick auf das Individuum – das Unbewusste, den Traum, das Gefühl, das Verlangen - belegt den Wunsch des Menschen nach Erkennen durch sich selbst. Ziel der Plattform für Introspektion, einem Experimentallabor des Studiengangs Szenografie unter Leitung von Dipl.-Ing. Angelica Boehm, sollte es sein, Innenwelten in bildhafte Außenwelten zu übertragen. Im Untersuchen und Deuten der Seele kann Kunst weiter gehen als die Wissenschaft. Mit den digitalen Technologien der VFX (visual effects) ist die Darstellung noch nie gesehener Bilder unabhängig von Schwerkraft, Raum und Zeit in eine neue Dimension eingetreten. Das Forschungsprojekt erprobt die Transformation der digitalen Technologien in progressive Ästhetiken – ein Aufbruch vergleichbar der Malerei im Surrealismus und Expressionismus. Ein Teil der Arbeit bestand aus jährlichen Entwurfswerkstätten zu introspektiven Themen wie „Fieber-Räume“ oder „Darstellung des Phantastischen unter dem Fokus der TRÄUME“.

Diese Arbeiten wurden digital in CAD (computer aided design) und 3D umgesetzt. Die Erfahrungen aus diesen Projekten und der Besuch im Art Department von „Harry Potter“ mündeten im dritten Jahr in einer Aufgabenstellung mit dem Titel „Labyrinth in the Mind“. Hier sollten Studierende locker zusammenhängende traumhafte Geschichten zunächst malerisch in verschiedenen Formaten umsetzen. Es gab große Malgründe in 1x1.85m, um tendenziell in den Proportionen von Kinobildern zu denken, aber auch kleinere Formate für mobilere Ideen. Im Anschluss an die Entwurfsphase wurde auch hier die Umsetzung in 3D in Angriff genommen. Der Kontakt zum Art Department von „Harry Potter“ in London, das Gespräch mit Production Designer Stuart Craig, aber auch die Besuche der Art Departments von Großproduktionen auf dem Babelsberger Filmgelände haben eines deutlich gemacht: Im Rahmen der neuen digitalen technologischen Möglichkeiten werden viele Sets wesentlich dynamischer genutzt und in gewaltigeren Dimensionen gedacht. Die Choreografie der Bewegung im Raum ist Teil des Entwurfsprozesses. Dies gilt nicht nur für kommerzielle Filmproduktionen, sondern kann auch auf freie Kunstprojekte mit filmischen Mitteln angewandt werden. Mehrfach war der Digital Art Director Tino Schaedler zu Gast. Er arbeitet bei Produktionen wie „Harry Potter und der Halbblutprinz“, „Charlie und die Schokoladenfabrik“ und „Prinz of Persia“. Er erläuterte sein Arbeitsfeld sowie eine Herangehensweise an den Entwurf für digitale Sets, die er als „progressive film design“ bezeichnet. Diese Methode bezieht die Bewegung der Kamera im Raum von Anfang an in den Entwurf mit ein. Mit der Motion-Capture-Anlage an der HFF konnten im 3D-Raum nicht nur die Bewegungen eines Schauspielers auf eine animierbare Figur übertragen werden, sondern auch die Kamerabewegung für digitale Räume wie bei einer Steadycam aufgenommen und mit der 3D-Kamera synchronisiert werden. Zunehmend werden für die Visualisierung der Ideen das Programm After Effects und das digitale Zeichenbrett benutzt, um Concept Arts zu erstellen. Insgesamt handelt es sich hierbei um eine an der HFF ganz neue Art, mit dem szenografischen Raum zu arbeiten, um eine Mischung aus Experiment, Feldforschung, Lehre und künstlerischer Produktion.