Zur Konstruktion von Mutterschaft in Sozialen Medien: Darstellung, Erwartungen und Selbstverständnis im Zuge einer Selbstprofessionalisierung

Das DFG-Projekt unter der Leitung von Prof. Dr. Claudia Wegener untersucht die Bedeutung von Mutterschaft in einer digitalisierten Gesellschaft, die junge Mütter gegenwärtig vor zahlreiche Herausforderungen und Ansprüche stellt.

Projektbeginn:
2024
Projektabschluss:
2026
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Schwangerschaft, Geburt und Mutterschaft sind in unserer gegenwärtigen Alltagswelt tief in Kommunikationsprozessen digitaler Medien verankert. Eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Veröffentlichung von Mutterschaftsthemen im digitalen Raum offenbart Motive, Visualisierungsstrategien und Zuschreibungsprozesse, die es auf ihre gesellschaftlichen Auswirkungen hin zu reflektieren gilt – aktuell mehr denn je. Das DFG-Projekt unter der Leitung von Claudia Wegener will einen Beitrag leisten zum Verständnis davon, wie  die  Bedeutung sozialer Rollen – hier bezogen auf Mutterschaft bzw. auf die Mutterrolle – in einer digitalisierten Gesellschaft  hergestellt wird, und inwiefern dieser Prozess junge Mütter vor zahlreiche Herausforderungen und Ansprüche stellt. Als eine von drei wissenschaftlich Mitarbeitenden bringt Friederike Jage-D‘Aprile zudem ihr Promotionsvorhaben zu Visualisierungsstrategien und Narrationen der Momfluencer-Kultur in das Projekt ein, das die Projektperspektive aufgreift, erweitert und wertvolle Synergien schafft.

Leitend für die Arbeitsgruppe, die ihre Arbeit Anfang Januar 2024 aufgenommen hat, ist ein sozialkonstruktivistischer Zugang, dem die Annahme zugrunde liegt, dass das medial konstruierte Mutterschaftsbild nicht nur die Akteurinnen selbst in ihrer Tätigkeit beeinflusst, sondern gleichermaßen für das (Rollen-)Selbstverständnis derjenigen relevant ist, die als Kommentierende und damit Partizipierende mittelbar in die Inszenierungen eingebunden sind. Der Übergang von Schwangerschaft und Geburt bis hin zur Mutterschaft kann als ein Prozess des Mutterwerdens und -seins verstanden werden, in dem sich (werdende) Mütter eine neue soziale Rolle aneignen, in die sie sich einfinden müssen, die erlernt wird und die schließlich auch an Handlungsmaßstäbe gebunden ist, die sich unter den jeweiligen gesellschaftlichen Bedingungen formieren und re-formieren. Angesichts zahlreicher thematisch einschlägiger Online-Portale, Foren und Kanäle zeigt sich, dass digitale Medien bei diesen Aushandlungsprozessen gegenwärtig eine wesentliche Rolle spielen und offensichtlich auch eine Orientierungsfunktion übernehmen. So ist davon auszugehen, dass die besonders von jungen Frauen genutzten digitalen Bildportale deren Selbstverständnis als Mutter mitprägen – vor allem angesichts der zunehmenden Popularität sogenannter „Momfluencer“, die ihr Muttersein online gezielt in den Vordergrund stellen und vermarkten.

Das DFG-Projekt, das mit seinem Vorhaben an internationale Studien anschließt, versteht Mutterschaft als Herstellungsleistung („Doing Motherhood“). Eine Reflexion der bestehenden und medial gestützten Mutterschaftsnarrative erscheint umso notwendiger, als dass Mutterschaft gegenwärtig mit mannigfachen, divergierenden, häufig normierten und rückwärtig gewandten Anforderungen und Erwartungen im Sinne einer Re-Traditionalisierung konfrontiert ist, die auch und gerade im gegenwärtigen öffentlichen Diskurs sichtbar werden. In Anbetracht zunehmender gesellschaftlicher Herausforderungen für junge Mütter wird die Notwendigkeit, sich auszutauschen, sich zu orientieren und Bedürfnisse auch medial sichtbar zu machen zusätzlich verstärkt. Zu diesen Herausforderungen gehören beispielsweise die erschwerte Versorgung durch Hebammen in vielen Regionen Deutschlands sowie die oftmals fehlende adäquate Unterstützung durch familiäre und soziale Netzwerke. Hinzu kommt, dass sich die jungen Mütter selbst in einer vulnerablen Phase befinden, da der Übergang in die Mutterschaft eine signifikante soziale, physische und psychische Veränderung im Leben eines Menschen darstellt. Welche Rolle die digitalen Medien und ihre populären Akteurinnen hier spielen, wird sich im Laufe des Projekts zeigen.


Projektleitung

Projektmitarbeiter*innen

Vorträge

  • Vortrag: Lebensphasen und Geschlechterungleichheit im Journalismus. Eine intersektionale Sekundäranalyse der Repräsentation von Mutterschaft. DGPuK Fachgruppe Geschlecht, Berlin, 11.-13. September 2024, Adlung, Shari; Jage-D´Aprile, Friederike; Hufgard, Matthias; Wegener, Claudia (Best Paper Award).
  • Vortrag: Satire and performance of private care work within a momfluencer culture. The Complexities and Challenges of Satire in Today's Society, Roskilde, 14. November 2024, Jage-D´Aprile, Friederike.  
  • Vortrag: Momfluencer als Sozialfiguren? Überlegungen zu einer digital konstruierten sozialen Rolle. DGS Fachgruppe Mediensoziologie, Darmstadt, 22. November 2024, Wegener, Claudia; Hufgard, Matthias.
  • Vortrag: Mutterschaftsbilder auf Instagram – Wiederbelebung patriarchaler Werte oder neue Kommunikationsbedingungen für eine kritische Wertediskussion? DGPuK, Berlin, 20. März 2025, Adlung, Shari; Jage-D´Aprile, Friederike; Wegener, Claudia; Hufgard, Matthias.
  • Vortrag: Zum öffentlichen Diskurs von Mutterschaft – subjektive Wertvorstellungen von Mumfluencern. DGPuK, Berlin, 21. März 2025, Wegener, Claudia; Hufgard, Matthias; Adlung, Shari; Jage-D´Aprile, Friederike.
  • Vortrag: Falkenseer Frauenstammtisch zum Thema „Zurück an den Herd? - Retraditionalisierung der Frauenrolle“, Berlin, 06. März 2025, Jage-D´Aprile, Friederike; Lück Benz, Julia.
  • Vortrag: How to research (in)visibilities of private care work on Instagram. Methodological Approaches to Digital Spaces (MADS) 2025 Research Symposium, Manchester, 09. April 2025, Jage-D´Aprile, Friederike.
  • Vortrag: Resistant aesthetics of private care work within a ‘momfluencer’ culture? Reactionary Politics, Women and Feminist Critique. A two day Feminist Research Event co-hosted by Dr Jilly Kay and Prof (emer) Angela McRobbie, London, 22. Mai 2025, Jage-D´Aprile, Friederike.
  • Poster-Presentation: Professional moms on Instagram? An analysis of how momfluencers present themselves in relation to their reach. ICA, Denver, 12.-16. Juni 2025, Jage-D´Aprile, Friederike; Adlung, Shari; Wegener, Claudia (CAT Award, Top Poster).  
  • Vortrag: Mums on Instagram: Content, formats and commercial practices at different stages of self-professionalization. 2025 ICA Pre-Conference, Denver, 11. Juni 2025, Wegener, Claudia; Lück-Benz, Julia; Jage-D´Aprile, Friederike.
  • Vortrag: The Benefits of Conceptualizing Care Theories for Creator Culture-Scholars. 2025 ICA Pre-Conference, Denver, 11. Juni 2025, Jage-D´Aprile,Friederike.
  • Vortrag: Mothers in Social Media: Practices, Expectations and Limitations of Public Self-Presentation. IAMCR's Mediated Communication, Public Opinion and Society Section (MPS), Singapore, 15. Juli 2025, Wegener, Claudia; Hufgard, Matthias.
  • Vortrag: Role Models and Platform Dynamics: Exploring Diversity and Gender Stereotypes in the Presentation of German Momfluencers. IAMCR's Gender and Communication Section (GEN) Singapore, 15. Juli 2025, Wegener, Claudia; Lück-Benz, Julia; Adlung, Shari.
  • Vortrag: The (In)Visibility of Environmental Sustainability in Momfluencer Culture: A Content Analysis of German Instagram Accounts. IAMCR Media Production Analysis Working Group, Singapore, 14. Juli 2025, Hufgard, Matthias; Lück-Benz, Julia.
  • Vortrag: Geburt-Geburtserfahrungen, Ansprüche an Mutter-Sein, Traumata und Gefährdungen. Fachtagung (Online) donum vitae, Köln, 27.-29. Oktober 2025, Hufgard, Matthias. 

 

Publikationen

  • Wegener, C., Jage-D’Aprile, F. & Plumeier, L. (2022). Motherhood in social media: phenomena and consequences of the professionalization of mothers and their media (self-)representation. Feminist Media Studies, 23(7), 3222–3238. doi.org/10.1080/14680777.2022.2108479
  • Wegener, C. & Jage-D’Aprile, F. (2023). Mutterschaft in Sozialen Medien. Zur digitalen Konstruktion einer sozialen Rolle. Filmuni proudly presents #03. Forschungs- und Transferbericht der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF 2022/23. www.filmuniversitaet.de/fileadmin/user_upload/pdfs/forschung/Babelsberg_Forschungsbericht_Web.pdf
  • Wegener, C. & Hufgard, M. (im Druck). Sozialisation im Feld mediatisierter Rollen – Subjektwerdung und Social Media Performances. In: Laura Suna/ Wolfgang Reißmann (Hrsg.). Mediensozialisation in „smarten“ Umgebungen. Selbst- und Sozialwerdung im Kontext von Datafizierung und Automatisierung. Springer, VS Verlag
  • Jage-D'Aprile, Friederike (in Vorbereitung). Entertaining aesthetics of private care work within a motherhood creator culture. In: Deborah Lowry/ Kimiko Tanaka, James Madison (Hrsg.). Social Media and Family Dynamics across the Life Course: A Multi-Generational Perspective (Frühjahr 2026)
  • Wegener, C. & Hufgard, M. (in Vorbereitung). Momfluencer als Sozialfiguren? Überlegungen zu einer digital konstruierten sozialen Rolle. A. Peltzer, U. Göttlich & M. Wieser (Hrsg.). Sozialfiguren des Digitalen.