Arbeitsproben

Prosa

Unser Dorf ist sehr höflich - Übung

Unser Dorf ist sehr höflich. Niemand will den anderen aufregen. Darum geht man zum Brüllen über den hintersten Zaun hinaus, einige Schritte in den Wald hinein, schaut zum Himmel auf und drückt sich erst an dieser entlegenen Stelle aus.
Meine Tochter Lilian öffnet die Vorhänge ihres Schlafzimmers nicht mehr. Sie brüllt ganz leise und schaut dabei fasziniert in den Spiegel. Vor wenigen Tagen lief Eddie eilig zur abgetretenen Lichtung im Wald, um den Schrei loszulassen, der ihn innerlich zerriss. Er hatte um Lilians Hand angehalten. Ihr Vater spuckte Eddie ins Gesicht, als dieser ihn im einzigen Kaffeehaus aufsuchte. 

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Immer so schwierig

Also konzentrieren, ein letztes Mal jetzt. Heute Morgen aufgewacht in ihren Armen, die Augen aufgeschlagen, sie angesehen. Sie noch am dösen und ich auch gleich wieder weg. Dann kurz bevor die Lider ganz geschlossen sind, knauft mich ihr Schienbein in mein Schienbein. Schienbein um Schienbein erkämpfen wir uns dann den größeren Teil des Lakens, bis die Decke leblos zu Boden kracht. Gelacht gelacht und dann unter die Dusche gehüpft, gewaschen gewaschen geküsst. ...weiterlesen (PDF)

Drehbuch

Nie mehr alleine - Ein Hörspiel von Saskia Benter

2.Fassung 17.1.2018

Erzählerin: Eine junge Studentin

ATMO: Reges Leben in einer Bar

Erzählerin: Ich weiß, dass ich hässlich bin. Hör auf den Kopf zu schütteln, ich will nicht das Gegenteil gesagt bekommen. Ich fühle mich die meiste Zeit über zufrieden damit. Ich bin ein lebendiges und atmendes Wesen und am Lebendigen ist immer auch etwas Schönes. In diesem Universum, was so viele Lebensformen beinhaltet, die wir uns nicht ausmalen können, bin ich genauso lächerlich, wie jedes andere Gesicht, das man zu lange anschaut. Und doch…laufe ich umher, sehe die anderen Frauen und will unter ihre Haut schlüpfen. Ich will nicht darüber reden. Es macht mich müde, unendlich müde. Aber, was soll’s, du willst es ja wissen.

Fade out der Geräuschkulisse in der Bar

Erzählerin: Meine Eltern machten es mir früher auch nicht einfacher. Oft hörte ich sie von meiner herausragenden Intelligenz sprechen. Das war noch vor meiner Einschulung. Dabei war ich langsamer als die anderen Kinder und schnell überfordert. Ich weinte ganz plötzlich oder zerkratzte mir die Arme. Ich verbrachte Tage in meinem Zimmer, ohne raus zu gehen. Alle dachten, ich wäre ein kränkliches Kind. In Wahrheit war ich kerngesund.

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Hyena Boy - Drehbuch von Jonas Lobgesang

inspiriert von Comac Mc Carthys Grenzgänger

2. Fassung 2018

AUSS. STEPPE - TAG 1

Traumsequenz

In der Steppe jagen zwei afrikanische Jungen Schmetterlinge. Der Ältere, Fenuku (16), hat wache Augen und ein verkniffen-nachdenkliches Gesicht. An einem Strick aus Pflanzenfasern führt Fenku eine Tupfelhyäne. Sein jüngerer Bruder LUKE (13) ist eine Frohnatur mit wild abstehendem Haar. 

Fenukus Hand nähert sich vorsichtig einem Schmetterling. Zwei Finger schnappen zu. Triumphierend hält der Junge den Schmetterling hoch. Luke klatscht begeistert Beifall. Fenuku bemerkt irritiert, dass er die Flügel des Schmetterlings zerrieben. Er lässt den Falter los. Der versucht vergeblich mit den Flügeln zu schlagen und taumelt zu Boden. Die Hyäne schnappt nach dem Schmetterling. Fenuku reißt sie zurück. Luke schaut seinen Bruder betroffen an. Der zögert, dann tritt er den Schmetterling tot.

AUSS. DORF - TAG 2
Traumsequenz wird fortgesetzt:
Fenuku, Luke und die Hyäne stehen plötzlich wie angewurzelt mitten in ihrem Dorf. Dieses besteht hauptsächlich aus Rundlehmhütten. Fenukus Vater (40) und seine Mutter (35) kommen auf ihre Söhne zu. Beide Eltern sind traditionell gekleidet. Um den Hals trägt die Mutter ein kleines silbernes Kreuz. Dasselbe Kreuz tragen auch ihre Söhne.

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Horror - Szenische Übung von Jessica Hölzl

Fassung 12.12.2016

INNEN - KÜCHE - NACHT
Holzvertäfelte geräumige Küche in einem heimeligen Großfamilienhaus auf dem Land. An den Wänden hängen umrahmte Fotos diverser rührend-feierlicher Anlässe und groben geschwisterlichen Unfugs. Auf dem Boden neben dem Herd zwei leere Schälchen für Katzenfutter mit der Aufschrift "Tina". Im Ofen wird gerade Brot gebacken. KARIN (52), eine sehr rundliche Frau mit weichen Gesichtszügen- Typus geborene Hausfrau und Mutter - ist damit beschäftigt, die Arbeitsplatte von Mehl und Teigresten zu säubern. Sie ist alleine und summt ruhselig vor sich hin. In einem Anfall kindlicher Manier hebt sie die Hände und klatscht sie fest zusammen, sodass feiner Mehlstaub sich zwischen ihren Fingern den Weg ins Freie bahnt. Karin sieht zufrieden zu und widmet sich dann wieder ihrer Arbeit. Eifrig putzt sie nun vor sich hin und wirft dann wie zufällig einen kurzen Blick aus dem Fenster. In der Hofeinfahrt steht eine Person in weißem Jogginganzug, der durch den Mondschein hell erleuchtet wird. Die Kapuze hat sie sich ins Gesicht gezogen... weiterlesen (PDF)

Nachtwache - Szenische Übung von Jessica Hölzl

Fassung 21.11.2016

INNEN - FLUR IN EINER WG - NACHT
2 Uhr morgens. Die heimelige WG-Ruhe wird durch schrilles Türklingeln gestört. Ein Lichtstrahl fällt von einer sich knarzend öffnenden Zimmertür in den Flur. MATTHI (25) schlurft müde in Birkenstocksandalen und rot-kariertem Pyjama zur Tür und öffnet sie. Vor ihm steht ein aufgeweckter Unbekannter (29) in ausgebeultem beigem Anorak. 

MATTHI
Hallo...?

UNBEKANNTER
(überschwänglich)
Ja hey! Ich bin der Michael, ich hab mal hier gewohnt.
Geht heute noch was?

Michael blickt Matthi erwartungsvoll an, er lächelt mit offenem Mund.

MATTHI
(verwirrt)
Äh...tschuldigung...wer bist du?

MICHAEL
Michael heiß ich. Wir kennen uns nicht. Aber ich kenn die Butze hier,
war mal mein Reich früher. Schöne Zeit verbracht.

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