Ausstellung & Filmreihe

CAMILLA PLASTIC OCEAN PLAN. Von der Dystopie zur Utopie

Kann man mit den Mitteln der Kunst Lust und Mut machen für Veränderungen, die zu einer nachhaltigeren Lebensweise beitragen? Dieser Frage widmet sich die Foyerausstellung, die am 30. Juni 2022 im Filmmuseum Potsdam eröffnet wird. In verschiedenen Kunstformen werden dort Arbeiten u.a. der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF vorgestellt, die sich mit Fragen einer lebenswerteren Zukunft auseinandersetzen.

Datum / Dauer:
30.06.2022 – 16.04.2023
Location:
Filmmuseum Potsdam
Breite Str. 1A
Potsdam
 (opens enlarged image)
Camilla auf dem Schlafwölkchen, Lore Walter, Filmuni 2019

Dazu gehören beeindruckende Bildwelten aus dem Projekt „Camilla Plastic Ocean Plan“, in der die Thematik der Verschmutzung der Weltmeere durch Plastikmüll dystopisch adressiert wird als auch utopische Zukunftsentwürfe für lebenswertere Stadtvisionen aus dem Art For Futures Lab. Zu letzterem werden erstmalig Entwürfe gezeigt, die von Studierenden der Filmuniversität mit Bezug zu Potsdamer Stadtansichten angefertigt wurden.

Die Ausstellung ist ebenso wie die Vernissage für alle interessierten Bürger*innen frei im Filmmuseum zugänglich. Vor der Ausstellungseröffnung findet ab 14 Uhr auf dem Vorplatz des Filmmuseums das Kinderfest „Kids for Futures Potsdam“ statt, das Kindern einen spielerischen und fantasievollen Einstieg in Fragestellungen einer nachhaltigen Lebensweise ermöglichen soll.

CAMILLA PLASTIC OCEAN PLAN. Von der Dystopie zur Utopie wird vom Filmmuseum Potsdam in enger Zusammenarbeit mit dem künstlerischen Forschungsprojekt „Transmediales Erzählen: Camilla Plastic Ocean Plan“ an der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF, dem Institute for Art and Innovation, Berlin und der Hochschule für Technik und Wirtschaft, Berlin und dem Alfred-Wegener-Institut mit Förderung durch STEP und ProPotsdam organisiert. 

Ablauf 30.6.22

14 - 17 Uhr, Vorplatz Filmmuseum
Kinderfest Kids for Futures Potsdam

Mit Kunst und Fantasie zu mehr Nachhaltigkeit: Das Kinderfest richtet sich an Kinder im Grundschulalter (5-12 Jahre) und ihre Lehrer*innen, Großeltern und Eltern. An insgesamt fünf Stationen sollen die Jüngsten für einen sorgsamen Umgang mit natürlichen Ressourcen sensibilisiert und trainiert werden. Angefangen von der Möglichkeit, alte Plastik-Spielsachen nicht wegzuwerfen, sondern vor Ort zu tauschen, Müll-Angeln aus dem aufgebauten Weltmeer und Einsortieren in die richtige Tonne bis hin zum Memory-basierten Nachhaltigkeits-Quiz geht es um die spielerische Begegnung mit der Umweltthematik. Abschluss und Höhepunkt des Umweltfestes wird die Möglichkeit sein, einen „Nachhaltigkeits-Führerschein“ zu machen. Danach geht es in Begleitung der Erwachsenen zur Ausstellung. Vorab können sich die Kleinen noch für die Ausstellung schön machen: Zuckerwatte aus dem Gesicht wischen und geschminkt werden wie Camilla. Ausführliche Information zum Kinderfest finden Sie hier.

19 - 20 Uhr, Foyer des Filmmuseums
CAMILLA PLASTIC OCEAN PLAN 

Eröffnung der Ausstellung durch

Christine Handke, Direktorin, Filmmuseum Potsdam

Prof. Angelica Böhm, Idee und Leitung des künstlerischen Forschungsprojekts „Transmediales Erzählen: Camilla Plastic Ocean Plan“ an der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF

Prof. Dr. Bernhard Diekmann, Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (Potsdam)

Dorett Molitor, Kuratorin, Filmmuseum Potsdam


20 Uhr, Kinosaal
Art For Futures Potsdam

Einführung in das Art For Futures Lab durch

Prof. Angelica Böhm und Nicole Loeser, Leitung des künstlerischen Forschungsprojekts an der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF in Kooperation mit dem Institute for Art and Innovation, Berlin.

Anschließende Präsentation von utopischen Zukunftsentwürfen von Studierenden der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF sowie der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) für Art For Futures Potsdam. Es werden Arbeiten der Fachrichtungen Creative Technologies, Animation, Filmmusik, Szenografie, Wirtschaftskommunikation und Medieninformatik vorgestellt.

„Wir wollen mit dem Event interessierten Bürger*innen zeigen, wie mit Kunst und Imagination Handlungsspielräume trotz großer ökologischer Herausforderungen aufgezeigt werden können.“ (Nicole Loeser)


Hintergrund und Genese des Projekts

Als Abfallprodukte bei der Verwertung von Kohle und Erdöl wurden Kunststoffe Mitte der 1940er Jahre von der Konsumindustrie euphorisch begrüßt, denn kein Material ist so leicht formbar, elastisch, temperaturbeständig und vor allem günstig in der Herstellung. Essgeschirr, Haushaltsgeräte, Spielzeug, Möbel oder Autozubehör wurden massenhaft industriell hergestellt. Niemand machte sich Gedanken, ob Plastik toxisch, biologisch abbaubar oder recycelbar ist.

Der unbeschwerte Konsum wurde durch die Ölkrise 1973 nur kurz ausgebremst, es begannen Überlegungen, Plastik durch organische Rohstoffe zu ersetzen. Zu einem Aus für die Kunststoffe führte das nicht. Seit 1950 wurden pro Kopf der Weltbevölkerung eine Tonne Plastik produziert. Ein Großteil des nicht recycelten Kunststoffabfalls stapelt sich weltweit auf wachsenden Mülldeponien, wird verbrannt oder landet in den Meeren. Hunderttausende Meerestiere verenden durch das Verschlucken von Mikropartikeln oder Verletzungen. Plastikmüll in gigantischem Ausmaß führt zu Plastikstrudeln, den Garbage Patches, mit einer Fläche teilweise so groß wie Deutschland.

Mikroplastikpartikel landen inzwischen auch auf unseren Speisetellern. Erwartet wird, dass es 2050 mehr Plastik als Fische in den Weltmeeren geben wird. Ein tödlicher Kreislauf, der nur durch gezieltes Plastikverbot und den Einsatz nachwachsender Rohstoffe zu stoppen ist. Endlich, im März 2022, einigt sich die Weltgemeinschaft auf der UN-Umweltversammlung auf ein rechtsverbindliches Abkommen, das diesem globalen Umweltproblem den Kampf ansagt.

Die Frage ist, was jede*r Einzelne tun kann. Können Kunst und Innovation Veränderungen bewirken?

Angelica Böhm, Professorin im Studiengang Szenografie an der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF (FUB), fragte sich, wie sie mit Hilfe der Szenografie einen co-kreativen und fachübergreifenden Ansatz finden kann, der das Thema nicht dystopisch, sondern utopisch umkreist. Umweltprobleme sollen mit der Expertise und den Ressourcen filmischer Formen so dargestellt werden, dass sie bei denBetrachter*innen Lust und Mut zur Veränderung auslösen.

„Transmediales Erzählen: Camilla Plastic Ocean Plan“

2015 startet das Forschungsprojekt „Transmediales Erzählen: Camilla Plastic Ocean Plan“ in Zusammenarbeit mit dem Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung. Über die Folgejahre entwickelt Angelica Böhm, vernetzt mit weiteren Kooperationspartner*innen aus Wissenschaft, Wirtschaft, Kunst und Lehre, Formate für transmediales Erzählen. Transmediales Erzählen bedeutet, einen bestimmten Inhalt unter Nutzung verschiedenster Medien über diverse Orte zu erzählen. Künstlerisch erprobt wird die Anwendung von Virtueller Realität (VR), einer computergenerierten Wirklichkeit mit Bild (3D) und Ton sowie 3D-Zeichensoftware für die szenografische Entwurfsarbeit. Unterstützt wird sie dabei vom 3D-Artist Jan Schneider.

Die Drehbuchautorin Liane Porthun schreibt die Story um die dreizehnjährige mutige Erfinderin Camilla, die auf einer Insel lebt und sehr persönlich durch die Plastikverschmutzung betroffen ist. Die Hörgeschichte bildet den roten Faden des Projektes. Neben weiteren Beteiligten reflektieren und visualisieren Studierende des Szenografie-Studiengangs der Filmuniversität die sechsteilige Geschichte. Es entstehen zahlreiche bildkünstlerische Arbeiten, filmische Animationen sowie Concept- und Sound-Designs.

2019 wird das Projekt durch die Web-Ausstellung www.camillaplasticoceanplan.com einem weltweiten Publikum zugänglich gemacht. Die Seite hat inzwischen ca. 200.000 Zugriffe. Eine internationale Masterclass, Symposien und zahlreiche Events tangieren seither das Projekt.

Art For Futures Lab

2020 gründet Angelica Böhm gemeinsam mit Nicole Loeser vom Institute for Art and Innovation, Berlin, das Art For Futures Lab: Utopien, also positive Zukunftsszenarien sollen neue Lösungswege und Perspektiven auf komplexe Zukunftsfragen und die ressourcenschonende wie naturnahe Gestaltung der Lebensumwelt eröffnen - auch ohne Plastik. Inzwischen wurde von Studierenden und Lehrenden der FUB in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Technik und Wirtschaft das Kooperationsprojekt Art For Futures Potsdam inklusive eines multidisziplinären Rahmenprogramms entwickelt. Über Methoden des Worldbuilding und Design Thinking wurden positive Zukunftsszenarien für Potsdam, z.T. speziell um das Filmmuseum, imaginiert, die am Ende der Ausstellung zu sehen sind.

Wir sind uns sicher, dass Kunst Handlungen auslösen, neue Perspektiven eröffnen und die Entwicklung neuer kreativer Lösungen unterstützen kann.